Dienstag, 19. Mai 2009

Wie bescheuert darf es noch sein?

http://news.bbc.co.uk/2/hi/americas/8056207.stm


Rumsfeld 'Bible texts' criticised



Former US Defence Secretary Donald Rumsfeld has been accused of using quotes from the Bible in his briefings to George W Bush during the Iraq War.

The quotes were placed on the cover of the briefings alongside images of US soldiers, GQ magazine has reported.

President Bush was criticised for using the word "crusade" to describe the US "war on terror".

Critics said he risked giving Muslims the impression that the war was a clash between Christianity and Islam.

Defence department staff were privately worried, GQ reports, that if the briefings with biblical quotes on them had ever been made public, the fallout would have been "as bad as [the revelations of prisoner abuse at] Abu Ghraib".

One Muslim member of staff was offended by the quotations, GQ reveals.

Soldiers at prayer

But other former officials doubt that Mr Bush saw the briefings very regularly, and say that Mr Rumsfeld was unlikely to have "tolerated" having the quotes on the briefings for very long, the New York Times reports.

The decision to put the biblical quotations on the cover pages was taken by Maj Gen Glen Shaffer, a director for intelligence serving both Mr Rumsfeld and the Joint Chiefs of Staff, according to GQ.

The use of the quotations has been criticised by some US commentators.

"If these official daily collages of Crusade-like messaging and war imagery had been leaked, they would have reinforced the Muslim world's apocalyptic fear that America was waging a religious war," wrote Frank Rich in the New York Times.

Mr Rumsfeld was "taking a risk with national security," he added.

One cover page featured pictures of US soldiers at prayer and US tanks in Iraq, underneath a passage from the Book of Isaiah: "Their arrows are sharp, all their bows are strung; their horses' hoofs seem like flint, their chariot wheels are like a whirlwind."

Another briefing showed a picture of Iraqi President Saddam Hussein beneath a quotation from the First Epistle of Peter: "It is God's will that by doing good you should silence the ignorant talk of foolish men."

US MEDIA REACTION TO RUMSFELD'S USE OF BIBLICAL QUOTES
I wonder what's worse: a defense secretary who puts Old Testament quotes on progress updates on an invasion of a Muslim country or a defense secretary who thinks this will add to his president's knowledge and expertise.

The Atlantic Monthly's Andrew Sullivan questions Mr Rumsfeld's wisdom and judgement.

Proof that Don Rumsfeld was actually a closet crusader? No, more like proof that Rumsfeld tried to speak Bush's language in the early days of the war to give him strength as the first casualties were taken.

"Allahpundit", writing at Hotair.com, takes a more sympathetic view of the former Defence Secretary.

Who could possibly think that something like this could make people think that we were on a crusade against Islam?

"Hilzoy", of Obsidian Wings, thinks the Bible quotations could have inflamed Islamic opinion.

He was cynically playing the religious angle to seduce and manipulate a president who frequently quoted the Bible. But the secretary's actions were not just oily; he was also taking a risk with national security. If these official daily collages of Crusade-like messaging and war imagery had been leaked, they would have reinforced the Muslim world's apocalyptic fear that America was waging a religious war.
New York Times columnist Frank Rich does not mince his words in his assessment of the Defence Secretary.

Guido Westerwelle als "goldene Mitte" macht auf Protest - Wahlkampf und Pseudo-Wrestling verbal


Die Protestpartei

FDPHeute geht in Hannover der Parteitag der FDP zu Ende. Die Spaßpartei hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Heute geht Guido Westerwelle nicht mehr in den Big-Brother-Container oder fährt mit dem Guidomobil quer durch die Republik. Nein, heute wird die Wiedergeburt Christi versprochen und wenn das den Menschen in Deutschland nicht reicht, werden zusätzlich Milliarden verteilt. Da passt es natürlich sehr gut, dass unser Land sich das gerade jetzt sehr gut leisten kann. Nebenbei werden noch die enttäuschten Wähler der Union eingesammelt - ohne Programm, ohne Aussage, einfach Guido. Die FDP von heute ist mehr Protestpartei geworden, als es die Linke jemals war. Dazu passt, dass Guido Westerwelle als Parteivorsitzender mit einem sozialistischen Ergebnis von 95,8% der Stimmen wiedergewählt wurde.

Was bei der Linkspartei zu unzähligen hämischen Kommentaren führt, linker geht es nicht, Wahnsinn, unbezahlbar, sind da noch die harmlosen Varianten der deutschen Journaille, sei es nun der SPIEGEL, die FAZ oder gar die BILD, führt bei der FDP zu redaktionellen Orgasmen. Westerwelle spricht halt nur aus, was andere denken, es sind Notwendigkeiten, Westerwelle und seine FDP sind das Gegenstück zur Großen Koalition, Guido der Königsmacher, so die feuchten Träume in Hamburg, Frankfurt und München. Die Realität indes sieht anders aus, wollen sowohl Union, als auch SPD nach der Bundestagswahl im September mit Guido und seinen Mannen regieren. Es liegt in der Natur der Sache, dass dies selbstverständlich nur bei großen Schnittmengen passieren kann.

Diese Schnittmengen sind schnell geschaffen. Die Steuersenkungen werden schnell von der Realität eingeholt, so dass es im September mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer neuen Merkel- oder Westerwellesteuer kommen wird. Den neoliberalen Marktradikalismus, dem die FDP-Ideologie zugrunde liegt, haben sowohl Union als auch SPD verinnerlicht. Auch wenn es eine Horrorvorstellung ist - man sollte sich sich langsam an den Gedanken eines Außenministers Guido Westerwelle gewöhnen. Die üblichen Plattitüden der unsäglichen Bürokratie, von Bildung, Kunst und Kultur sind auch in den anderen Parteien zu finden - ändern wird sich freilich nichts. Schließlich will man den Spitzensteuersatz auf 35% senken. Und irgendwer muss unsere wohlhabenden Leidenden ja finanzieren.

Natürlich gibt es auch innerhalb der FDP die typischen Feigenblätter - vor dem Parteitag wurde gerade Sabine Leutheusser-Schnarrenberger von Interview zu Interview gereicht um das soziale Gewissen der FDP darzustellen. Es tut fast ein wenig weh, die Grande Dame sagen zu hören, die FDP sei nicht unsozial. Da gerät Ihr Rücktritt als Bundesjustizministerin wegen des Großen Lauschangriffes dann in den Hintergrund. Der neue Shootingstar der FDP, Phillip Rösler, bläst in das gleiche Horn - nur muss man nicht erst in das Wahlprogramm schauen, um zu erkennen, was die FDP seit Jahren repräsentiert: Soziale Eiseskälte. Guido Westerwelle hat sich einmal voller Inbrunst vor die Kameras der Nation gestellt und gerufen, er sei die Freiheitsstatue der Republik. Man hätte ihn darauf hinweisen sollen, was mit den Denkmälern auf den Rathausplätzen der Nation passiert. Richtig, sie werden von den Tauben vollgeschissen.

Es ist 1998, Gerhard Schröder hat das Kanzleramt übernommen. Guido Westerwelle fordert Steuersenkungen. 2002 wurde Gerhard Schröder wiedergewählt, Guido Westerwelle forderte Steuersenkungen. 2005 hat Angela Merkel Gerhard Schröder aus dem Kanzleramt vertrieben, Guido Westerwelle forderte Steuersenkungen. Heute ist 2009, wir befinden uns in einer noch nicht abzuschätzenden Weltwirtschaftskrise und was passiert? Richtig: Guido Westerwelle fordert Steuersenkungen. Gegen die stereotypen Forderungen der FDP sind die Vorschläge der Linken eine wahre Goldgrube reeller Möglichkeiten um das Land zu retten und die Krise zu meistern. Gestern habe ich geschrieben, dass die Krise seine besten Kinder gefressen hat. Das hat sie auch mit der FDP getan. Wer in der Krise die gleichen Forderungen stellt, wie vor der Krise, immer noch die gleichen Lösungsvorschläge präsentiert, die die Krise herbeigeführt haben, kann als Partei nicht mehr ernstgenommen werden. Wenn dann stolz darauf hingewiesen wird, dass man die unzufriedenen Wähler einsammeln will, hat es wohl die FDP selbst eingesehen:

Die einst stolze liberale Partei ist verendet.
Sie ist zu einer reinen Protestpartei verkommen.

http://www.fixmbr.de/die-protestpartei/

Du bist Terrorist

Du bist Terrorist from lexela on Vimeo.

Obama und Netanjahu

http://www.zeit.de/online/2009/21/obama-netanjahu-nahost


Nahost-Konflikt

Obama redet Klartext mit Netanjahu

Auf die Körpersprache kommt es an. Stocksteif saßen Barack Obama und Benjamin Netanjahu im Weißen Haus nebeneinander. Ernste Mienen, gequälte Witze, kein Schulterklopfen

Bedeutungsschwere Worte: Der amerikanische Präsident und der israelische Premier sprachen nüchtern von einem "konstruktiven" Treffen. Obamas Pressesprecher Robert Gibbs nannte es schlicht "produktiv". Das sagt man immer, wenn sich die Gesprächspartner eigentlich am liebsten gegenseitig vors Schienbein treten möchten.

Nein, trotz aller gegenteiligen Beteuerungen und Höflichkeitsfloskeln: So begegnen sich Freunde nicht. Und schon gar nicht die Partner einer "special relationship", einer besonderen, soll heißen: einer besonders innigen Beziehung.

Dennoch, auch unter Obama bleibt Amerika Israels engster Verbündeter und wichtigster Garant seiner Sicherheit und Existenz. Allerdings mit einem wesentlichen Unterschied: Wie Sicherheit erlangt werden und die Existenz gewahrt bleiben kann – darin unterscheiden sich Obama und Netanjahu fundamental. Sie streiten nicht nur über den Weg zum Ziel, sondern über das Ziel selber.

Auch hier kommt es auf die Worte an: Während für Netanjahu der Weg zum Frieden in Nahost in erster Linie über den Iran führt, heißen die wichtigsten Wegmarkierungen für Obama Jerusalem und Ramallah. Während Obama nicht vom Ziel einer "Zwei-Staaten-Lösung" ablässt, spricht Netanjahu lediglich von einem "Arrangement", dass es den Palästinensern irgendwann ermögliche, "sich selbst zu regieren" – natürlich abzüglich einiger Rechte, die Israels Sicherheitsinteressen im Wege stünden.

Netanjahu will ein friedliches, prosperierendes Nebeneinander – und er will darüber so schnell wie möglich verhandeln. Aber das Zauberwort Palästinenserstaat nahm Israels Premierminister am Montag nicht ein einziges Mal in den Mund. Öffentlich sowieso nicht, weil dann seine Regierungskoalition geplatzt wäre. Aber, soweit man weiß, nicht einmal unter vier Augen.

Natürlich war das Treffen deswegen kein völliger Fehlschlag. Dafür sind beide viel zu stark aufeinander angewiesen. Keiner will deshalb den anderen düpieren. Israel braucht den politischen und psychologischen Beistand der USA und vor allem die jährliche Militärhilfe von etwa drei Milliarden Dollar. Amerika wiederum braucht israelische Zugeständnisse gegenüber den Palästinensern, um die arabischen Verbündeten bei Laune und bei der Stange zu halten. Netanjahu murmelte deshalb irgendetwas von "Verhandlungen". Und Obama deutete an, dass er die Geduld mit dem Iran verlieren könnte, sollte dieser bis Ende des Jahres keine Konzessionen machen.

Dennoch: Unterhalb und jenseits dieser amerikanisch-israelischen Wir-brauchen-einander-Devise verändert sich das Verhältnis zwischen Amerika und Israel. Nicht abrupt, nicht radikal, aber allmählich und nachhaltig.

In seltener Klarheit legte der neue Herr im Weißen Haus seinem Gast am Montag dar, dass Amerika sich nicht nur einen eigenständigen, souveränen palästinensischen Staat wünscht, sondern ihn auch nach Kräften möglich machen will – und zwar eher morgen als übermorgen. Obama verlangte zudem ein sofortiges Einfrieren des israelischen Siedlungsbaus im Westjordanland.

Amerikas neuer Präsident will eindeutig sein – nicht nur gegenüber den Palästinensern, sondern ebenso gegenüber Israel. Sein Nahost-Gesandter George Mitchell, der Nationale Sicherheitsberater James Jones und der Geheimdienstkoordinator Dennis Blair sind sowieso schon lange der Meinung, dass endlich auch gegenüber Israel Klartext geredet werden müsse. Sogar Außenministerin Hillary Clinton, eine starke Verbündete Israels, ist damit einverstanden.

Überdies: Neueste Untersuchungen mehrerer Forschungsinstitute belegen, dass die Amerikaner allmählich ungeduldig werden – nicht nur mit der chronisch unfähigen Palästinenserführung, sondern ebenso mit der Regierung in Jerusalem. Jene, die Obama gewählt haben, meinen mehrheitlich, dass Amerikas und Israels Sicherheitsbedürfnisse nicht deckungsgleich seien. Eine Mehrheit sagt zudem, die Palästinenser hätten ein Rückkehrrecht, und eine wachsende Zahl findet sogar, die extremistische Hamas sollte an Friedensverhandlungen beteiligt werden.

Während die eine Hälfte Amerikas meint, die Palästinenser erhielten zu viel Dollar, ärgert sich die andere Hälfte über die Milliarden für Israel. Derweil melden die Agenturen am Montag: Hamas und Fatah streiten weiter erbittert über die Zukunft eines Palästinenserstaates und Israel wird im Westjordanland die jüdische Siedlung Maskiyot ausbauen.



Ultimatum für Obama

http://www.heise.de/tp/blogs/8/138138


"Israel gibt Obama noch bis Ende des Jahres Zeit in der Iran-Frage"

Das Treffen von US-Präsident Obama und dem israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu und Reaktionen aus dem Nahen Osten

Große Bewegungen in den entscheidenden Schlüsselfragen war vom Treffen der beiden Staatsoberhäupter nicht zu erwarten. Die gestrige Unterhaltung im Weißen Haus, die von manchen Beobachtern als persönliches Duell mit geschichtsträchtigem Hintergrund gewertet wurde, resultierte in diplomatischen Äußerungen, die wenig riskieren und nichts verändern. Die Distanz zwischen den USA und Israel habe sich vergrößert, ist schon eine der bemerkenswerteren Schlussfolgerungen, die als Fazit des Treffens gezogen werden.

Die Ergebnisse, die der Öffentlichkeit bei der anschließenden Pressekonferenz präsentiert wurden, markieren wieder einmal die jeweiligen, offiziellen dem politischen Kalkül geschuldeten Goodwill-Positionen und die resignative Einsicht, dass sie im hellen Tageslicht wahrscheinlich so unveränderlich bleiben, wie die Sicht auf den Ölberg von einer Jerusalemer Café-Terrasse aus: Obama fordert die Zwei-Staaten-Lösung, Netanjahu weigert sich, das Wort vom palästinensischen Staat in den Mund zu nehmen und äußert Verbindliches nur dort, wo es um die unbedingte Anerkennung Israels als jüdischen Staat geht. Der amerikanische Präsident drängt auf den Stopp der Siedlungen, der israelische Ministerpräsident verweist auf die Auflösung der militanten Gruppen in den palästinensischen Gebieten und koppelt damit den Stopp der Expansion über Israels Grenzen hinaus mit dem Problem der Gewalt auf der anderen Seite.

Nur in der Frage, die den Umgangs mit dem Iran betrifft, unterschiedet sich Obama in der prinzipiellen Haltung von seinem Vorgänger Bush: Er sucht nach Außen hin - zunächst - das Gespräch und nicht die Konfrontation. Weswegen es für Beobachter von einigem Interesse war, wie er sich in diesem Punkt gegenüber Netanjahu schlagen würde - dass er bei der Zweistaatenfrage und der Siedlungsexpansion den Hardliner kaum bewegen würde, hatte niemand ernstlich erwartet, aber die Frage nach einer militärischen Intervention im Iran, die mit der neuen israelischen Regierung als reale Möglichkeit auf dem Tisch ist, spielt direkt in den Hoheitsraum der amerikanischen Politik.

Während hier nun amerikanische Medien und auch Stimmen aus der Palestinian Authority dazu neigen darzustellen, wie Obama seine Agenda samt Zeitplan durchsetzen konnte, sieht das aus der israelischen Perspektive offenbar völlig anders aus: Hier diktiert Netanjahu dem amerikanischen Präsidenten den Zeitplan: "Israel gives Obama until end of year on Iran" so das trockene und realistische Fazit des Treffens vom renommierten Experten für internationale Beziehungen der Zeitung Ha'aretz, Aluf Benn.

Am selben Tag, an dem der israelische Geheimdienst Shin Beit feststellt, dass der Friede im Gaza-Streifen nicht möglich ist, solange die Hamas dort das Sagen hat, zeigt sich auch die Hamas unbeirrt in ihrer Sicht der Dinge: Das Ziel Obamas im Gespräch mit Netanjahu habe einzig darin bestanden, die internationale Öffentlichkeit irrezuführen und den Fortbestand der Existenz Israels als rassistischer Staat zu sichern, wird Hamas-Sprecher Barhum zitiert.

Thomas Pany19.05.2009

Stellen Sie ein Ultimatum an Obama - was Israel kann, können wir auch

Heute war also zu erfahren, was bei dem Besuch Netanjahus aus Israel bei Obama herauskam: Ein Ultimatum. Natanjahu gibt Obama Zeit - bis zum Herst - um zu überlegen, was mit dem Iran zu machen ist. Und, für Israel ist ja klar, was das sein soll: Bomb Iran !

Beim Lesen der Meldung, dass Israel die USA mit diesem Ultimatum unter Druck setzen will, beschleicht einen die Frage, ob da wer übergeschnappt ist. Doch dann --- warum eigentlich nicht ? --- Man kann es ja mal versuchen.

Wer macht mit? --- Stellen wir auch ein Ultimatum:

Weltfrieden und gutes Leben für alle Menschen. Los, Herr Präsident Obama, arbeiten Sie daran. Für die Ausarbeitung des Entwurfs geben wir Ihnen ein Jahr Zeit.

Darin müßte alles enthalten sein - gegen die Betrusgeschichten der Banken, gegen die Krise, gegen die Entmündigung und Versklavung der Menschen, usw.

Na? - wäre das nichts?

Montag, 11. Mai 2009

Wolfgang Schäubles Arbeitsexemplar des Grundgesetzes






















Das Grundgesetz (Wolfgang Schäubles Arbeitsexemplar)

Quellen:

http://www.stuttmann-karikaturen.de/karikatur.php


http://blog.fefe.de/?ts=b4f65181

"Easy going" drauf sein, mit der Trauer und der Einigkeit Deutschlands

http://www.zeit.de/2009/20/L-B-Kluessendorf


Belletristik

Frauen in Halbtrauer

Angelika Klüssendorfs »Amateure« inszenieren weibliche Ohnmacht und Verlorenheit

Zwanzig Jahre Mauerfall« – eigentlich doch ein Grund zum Feiern. Im neuen Erzählband Amateure von Angelika Klüssendorf allerdings ist die »deutsche Teilung« stabiler denn je. Wie im historischen Wiedervereinigungsgeschehen geht auch hier in diesen Beziehungsgeschichten alles viel zu schnell. Kaum haben sich »zwei völlig fremde Menschen … auf der Mauer geküsst«, sind sie auch schon verheiratet oder wenigstens schwanger. Und bei der ersten gemeinsamen Reise in die »Flitterwochen« geht ihnen dann, wie den beiden Ameisen von Ringelnatz – »schon in Altona auf der Chaussee taten ihnen die Füße weh« –, schon die Luft aus.

Edna und Moritz zum Beispiel. Anfangs imponiert der weltläufige Fernsehredakteur der scheuen ostdeutschen »Museologin«. Er kann so gut reden, wirkt so begeisterungsfähig. Aber bei der ersten gemeinsamen Fahrradtour durch Mecklenburg geht ihr dieses übertriebene Schwärmen von der tollen »desolaten Aura« der Landschaft ziemlich auf die Nerven. Und als der Herr Westredakteur dann einen Ostkellner anherrscht (»Sie wissen wohl nicht, wer ich bin«), ist die Geschichte schon wieder zu Ende.

Katharina, der Studentin aus Dresden, ergeht es ähnlich. Sie muss sich von Steffen, Zahnarzt mit eigener Praxis, anhören: »Easy going… du musst lernen, easy going zu sein.« Und auch die Malerin Wiebke, die dem Redakteur Moritz als Nächste ins Netz geht, bekommt auf Englisch beigebracht, dass sie eine ziemliche Trantüte ist: »The early bird catches the worm.« Ihre Bilder sind nicht besonders, und deshalb dachte sie ja auch, »dass es richtig wäre, sich auf Moritz einzulassen, auf eine Familie«. Was sie nicht »dachte«, war, dass sie gleich Zwillinge bekommen würde, mit denen sie nun allein fertig werden muss, weil Moritz, was sie auch nicht für möglich hielt, ihre Schwangerschaft »wie ein Scherz« vorkam.

Das Schema dieser »asymmetrischen« Beziehungen ist immer das Gleiche. Der Westen pirscht sich in Gestalt eines zwielichtigen Erfolgsmenschen mit Kreidestimme an das arglose Ost-Rotkäppchen heran. Und wenn er seine Siegergene weitergegeben hat, ist sein Interesse erloschen. Jeder Kaiserpinguin in der Antarktis (zwei traute Exemplare sind auf dem Buchumschlag abgebildet) sorgt sich mehr um seinen Nachwuchs als diese gefühlsverarmten Westväter. In den beziehungsgeschädigten Kindern wiederholt sich dann das Übel. Der halbwüchsige Sohn von Steffen, dem Zahnarzt, bekommt seinen Vater, der seine Zeit lieber mit Computerspielen verbringt, so gut wie nie zu Gesicht. Seinen Frust reagiert der Knabe einer alleinerziehenden neurotischen Mutter ebenfalls mit Ballerspielen ab, wobei er seinen kindischen Vater dann wenigstens virtuell totschießt.

Gewaltfantasien ziehen sich durch fast alle elf kurzen Short-Cut-Texte wie eine Reihe anderer Leitmotive – etwa die schlagertextartigen Liebeskitschformeln und Entfremdungsvokabeln, die Familienbande zwischen den Figuren knüpfen, die ansonsten (obgleich teilweise verwandt) einzig durch ihre Beziehungslosigkeit miteinander verbunden sind.

Angelika Klüssendorf, geboren 1958 in der DDR und 1985 in den Westen ausgewandert, hat sich schon in ihren früheren Geschichten (Anfall von Glück, Alle leben so) im Genre des menschlichen Extremscheiterns versucht. Schlimme Kindheit, verheerende Familienverhältnisse sind ihre Spezialität. Im neuen Erzählband gibt es sogar die Variante des extremen Extremscheiterns: das vom Scheitern bedrohte Scheitern. Georg, einer aus der Moritz-Sippe, ist lebensmüde und will sich erschießen. Aber der Revolver spielt nicht mit. Aus Verzweiflung beschließt der übergewichtige Mann weiterzuleben und versucht sein Unglück mit einem Bankeinbruch, der ihm mühelos gelingt. Auf Teneriffa, wo er das erbeutete Geld verprasst, bringen ihn weder Sonnenstich noch Langeweile um. Erst ein Flugzeugabsturz kann dieses Werk des Scheiterns vollenden.

All diese Figuren wirken wie verkorkt, innerlich taub und berührungsresistent, und klammern sich ebendeshalb hilflos aneinander. Eine unauflösbare Trostlosigkeit geht von ihnen aus.

Daran ist zunächst nichts auszusetzen. Die besten und schönsten Texte der Literatur handeln von trostlosen Dingen, ohne selbst trostlos zu sein. Die von Updike etwa oder Raymond Carver, den Klüssendorf mehrfach »zitiert«. Oder auch die neuen Erzählungen von Judith Hermann. Zwischen dem neuen Hermann-Buch Alice (ZEIT Nr. 19/09) und den Amateuren gibt es viele Schnittstellen, deren erstaunlichste darin besteht, dass beide Erzählerinnen im Jahr 2009 noch immer weibliche Ohnmacht und Orientierungslosigkeit ins Zentrum ihrer Arbeit stellen. Beide Bücher sind ein Zyklus von Erzählungen ohne inneren Zusammenhang, an den hier niemand mehr glaubt.

Und doch gibt es deutliche Unterschiede. Hermanns Erzählungen haben nicht nur – wie gute Weine – Körper. Sie haben ein melancholisches Bewusstsein, das sie mit jeder Silbe ausdünsten, das alle Sätze atmosphärisch umhüllt. Eine schmerzlich spürbare Differenz zur dargestellten Welt, die im ganzen Text vibriert und den Gefühlsraum des Lesers mit in Schwingung versetzt.

Von den Amateuren bleibt man beim Lesen jedoch unberührt, fast so anästhesiert wie der arme Georg, wie Edna, Moritz, Wiebke und all die anderen und der Text selber, der sich an der Lustlosigkeit und Fadheit der Figuren infiziert hat. Die Beziehungslosigkeit der Figuren wirkt inszeniert und ideologisch. Als Skandal, an dem sich die Sprache aufreibt, wird sie nie spürbar. Hier wird ein Scheitern behauptet, zu dem man nicht vordringt, weil man über das Scheitern von Sätzen nicht hinauskommt. Vielleicht sollen leblose Syntax, Klischeesprache, hohl tönende Sätze den Stupor der Figuren abbilden, ihre Gefühlsohnmacht durch Beschreibungsohnmacht simulieren. Aber solche Mimikry geht leicht schief. Keine Wirklichkeit ist so öde, so in ihrer Totalität trostlos, wie hier ertüftelt. Wo bleibt das Chaos, das in jedem Kopf ein Wörtchen mitzureden hat, das Vieldeutige, das sich in Literatur ereignen will, das Satz-für-Satz-auf-der-Kippe-Stehen?

Ein kleiner Text Über das Tragische von Ossip Mandelstam bringt die Sache auf den Punkt: »Wenn ein Schriftsteller es sich zur Pflicht macht, um jeden Preis ›tragisch vom Leben zu künden‹, jedoch auf seiner Palette keine tief kontrastierenden Farben besitzt; und das Wichtigste – wenn ihm das Feingefühl für jenes Gesetz abgeht, demzufolge das Tragische … sich in ein allgemeines Bild der Welt fügen muss, wird er ein ›Halbfabrikat‹ des Schreckens und der Erstarrung liefern, nur gerade deren Rohmaterial, das bei uns ein Gefühl des Widerwillens hervorruft und in der wohlmeinenden Kritik besser unter dem Kosenamen ›Alltags- und Milieustudie‹ bekannt ist.«

Zum Thema

DIE ZEIT 19/2009: Das große Männersterben
Die Berliner Schriftstellerin Judith Hermann erzählt davon, wie Frauen mit zartbitterer Traurigkeit alles überleben – vor allem die Männer.
[http://www.zeit.de/2009/19/L-Hermann]

ZEIT ONLINE 18/2009: Für den Tod gibt's keine Sprache
Sechs Jahre war sie weg: Nun spricht die Schriftstellerin Judith Hermann über ihr neues Buch "Alice", den Umgang mit dem Tod und den Autor im Internetzeitalter
[http://www.zeit.de/online/2009/18/interview-judith-hermann]


Nie wieder ?...

http://www.zeit.de/2009/20/Ungarn


Ungarn

Unter der Fahne der Faschisten

Wie tief kann ein Land stürzen? Ungarn ist so gut wie bankrott, Rechtsradikale überfallen "Zigeuner, Juden und Fremdherzige", kaum jemand stellt sich ihnen entgegen

Der Philosoph hatte eingekauft und seine Wohnung fast erreicht. Es war helllichter Tag im Herzen von Budapest. Durch die Straßenschlucht aus der Gründerzeit kam ihm ein Trupp der rechtsextremen Ungarischen Garde entgegen. Im Gleichschritt. Schwarze Uniformen, Schirmmützen, Springerstiefel. Halstücher in den rot-weiß gestreiften Farben, die zuletzt die magyarischen Faschisten der Nazizeit trugen. Der Zugführer kommandierte: »Eins! Zwei! Eins…!« Hob den Arm und brüllte zum Philosophen hinüber: »Heil Hitler, Herr Tamás, wie geht es?«

Der jüdische Intellektuelle Gáspár Míklós Tamás ist aus Fernsehdiskussionen nicht nur den Ungarn bekannt. Auch Franzosen und Italiener, Rumänen und Slowaken schätzen seine geschliffenen Analysen. Budapests radikale Kohorten aber zählen ihn zu den »Fremdherzigen«, die den Volkskörper »verunreinigen«. Auf der Startseite der Website »Kuruz Info« steht sein Foto im Rahmen eines Grabkreuzes. Die Homepage listet Juden und andere »Feinde« auf: Namen, Adressen, Telefonnummern, Wochenendhäuser, Bekanntenkreise.

Die Juden in den Städten – Budapest zählt etwa 200.000 jüdischstämmige Bürger – sind bisher noch glimpflicher davongekommen als die Roma auf den Dörfern. Seit zwei Jahren landen immer wieder Molotowcocktails auf ihren Dächern. Auf Familien, die aus den brennenden Häusern fliehen, wird geschossen; hier stirbt ein Vater mit seinem Sohn, dort eine Mutter mit ihren Töchtern. In den vergangenen Wochen ist ein Dutzend Brandsätze gegen Wohnungen von Politikern der regierenden sozialistischen Partei MSZP geflogen.

»Die Ungarische Garde ist hart wie die geballte Faust, scharf wie das Schwert«

Soll das Ungarn sein, das Land der legendären Erinnerungen? Das Reiseziel der ersten Wirtschaftswundertouristen, die Lieselotte Pulvers Piroschka in die Puszta folgten? Der sozialistische Gulaschstaat, den die schöpferischen und scheinbar so fröhlichen Freisassen des Sowjetimperiums in eine Mikrowelt des handverputzten bürgerlichen Wohlstands umflickten? Dessen Pfadfinder zwischen Kommunismus und Kapitalismus im Mai vor genau 20 Jahren die Grenzbefestigungen zu Österreich abbauten und damit die Schleusen für die Fluchtwellen der DDR-Bürger öffneten?

Es war einmal, dieses Ungarn. Heute ist Budapest so sehr vom Absturz bedroht wie die bröckelnden Engel in den neoklassizistischen Hinterhöfen seiner unsanierten Viertel jenseits des Stadtkerns. Den Staatsbankrott konnte im Oktober nur eine schnelle Nothilfe von 20 Milliarden Euro verhindern. Internationaler Währungsfonds (IWF), Europäische Zentralbank und EU schnürten das größte Kreditpaket, das sie in der jetzigen Krise vergeben haben. Das Weltfinanzdebakel hat nur grell beleuchtet, wie ausgeliefert Ungarns Wirtschaft und wie deprimiert seine Gesellschaft ist. Die Tragödie, die mit dem Transformationsprozess über dem Land heraufgezogen ist, zeichnete sich schon früher ab. Es war gerade der Systemwechsel, der die knapp zehn Millionen Magyaren bald spüren ließ, wie arm ihr Land ohne alle Rohstoffe und mit einem Berg von Auslandsschulden in Wahrheit ist und bereits vor der Wende war. Schon die kommunistische Führung um János Kádár hatte ihre Landsleute auf Pump konsumieren lassen, um den Volksaufstand von 1956 vergessen zu machen – den einzigen vor 1989, der die sowjetischen Panzer kurzfristig vertrieb.

Seit 1989 überrollten die westlichen Multis auch noch jene frühen Ich-AGs der ungarischen Privatisierung, die zuvor auf den halb verbotenen Pfaden zwischen Sozialismus und Kapitalismus aus Blech folkloristisches Blattgold gehämmert, aus grauen Eckhäusern nostalgisch schimmernde Fin-de-Siècle-Cafés gezaubert hatten. Gefragt waren nun der Produktmanager, der Controller, der Broker, vielsprachig, unter 30. Budapests postkommunistische Elite wickelte die Integration in die EU ab, kümmerte sich um die alten Netzwerke und die neuen Geschäfte, nicht aber um die eigene Gestaltung des Landes. So erfuhr die Mehrheit der Bevölkerung die Wiedervereinigung Europas mehr und mehr als ein Stück Selbstaufgabe.

Doch wirtschaftlicher Niedergang allein erklärt noch nicht den Einbruch des Rechtsradikalismus in die Gesellschaft. In Ungarn kommt die Manipulation der Geschichte hinzu. Sie hat leichtes Spiel mit den Magyaren, die einst aus dem Ural als Spätankömmlinge in Europa einwanderten und sich später von den mächtigeren Nachbarn ausgesperrt fühlten. Heute wandert ein großer Teil der Bevölkerung durch einen Irrgarten von Mythen in die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg ab.

Dessen Ende hatte die Verlierer an der Seite Österreichs ungleich härter getroffen als die Deutschen mit dem Versailler Vertrag. Das Abkommen von Trianon nahm ihnen zwei Drittel des Territoriums und über die Hälfte der Bevölkerung. Die Hoffnung auf Rückgewinnung der verlorenen Gebiete führte das Land unter seinem Reichsverweser Míklós Horthy an die Seite Hitlers.

In jener Zwischenkriegszeit entstand die nationalistische Ideologie des völkischen Magyarentums. Liberale und Kommunisten wurden als Wurzel allen Übels, die Juden als Hauptgefahr für die ungarische Kultur gebrandmarkt. Das sehen mehr und mehr Menschen jetzt von Neuem so. Horthy erscheint ihnen wieder als einer der größten Ungarn der Historie. Die Geschichte soll Selbstschutz und Abwehrkampf legitimieren.

»In Deutschland«, sagt der renommierte Finanzwissenschaftler László Lengyel, »kennt und schätzt man heute nur noch die Repräsentanten einer schon vergangenen Kultur wie die Schriftsteller Eszterházy, Nádas oder Dalos. Die nachgewachsene Generation streift durch einen Wald ethnischer Legenden. Zugespitzt formuliert: So mancher Jugendliche denkt, dass es zu Trianon im vergangenen Jahr kam und dass die Schuld daran der gerade zurückgetretene sozialistische Regierungschef Ferenc Gyurcsány trägt.«

Wirrköpfe, Glatzen, autonome Gewalttäter marschieren die rechten Ränder Europas überall ab. Doch in den meisten Ländern halten sie Bürgerinitiativen und Rechtsregeln unter Quarantäne. In Ungarn nicht. Es gibt keine organisierten Proteste, keinen demokratischen Konsens gegen sie. Die Grenzen zwischen Rechtsradikalen und der konservativen Bevölkerungsmehrheit verlieren sich im Sumpf rassistischer und nationalistischer Blüten. Der populistische Oppositionsführer Viktor Orbán, dem die nächsten Wahlen eine rechtskonservative Zwei-Drittel-Mehrheit bescheren könnten, hat in den vergangenen Jahren die Bürger gegen das Parlament ausgespielt, um mithilfe der Straße die sozialliberale Koalition zu stürzen. Nicht wenige Pfarrer und Priester haben sich ihm angeschlossen. Kein Gesetz bestraft Hasstiraden, weil in der neuen Verfassung nach 1989 die Meinungsfreiheit über die Menschenwürde gestellt worden ist. »Damals, nach den Jahren der Zensur, war das zu begrüßen«, sagt der Ombudsmann Ernö Kallai, der die Rechte der 13 Minderheiten vertritt und selbst aus einer Roma-Familie stammt, »heute ist es beängstigend überholt.«

Am 18. April, einen Tag vor dem Holocaust-Gedenktag, marschierte ein Trupp der Ungarischen Garde unter Polizeischutz zur Deutschen Botschaft auf die Burg hinauf. Das größte Transparent an der Spitze des Zuges spielte auf das Tor in Auschwitz an: »Wahrheit macht frei!« Vor den 200 Gardisten, Skinheads und Sympathisanten an der abgesperrten Botschaft verlas der Führer der Schar eine Petition mit dem Tenor: Nichts ist wahr am Holocaust.

Gábor Vona, 30-jähriger Produktmanager für Sicherheitstechnik, hat die Garden 2007 als paramilitärischen Arm der rechtsradikalen Partei Jobbik gegründet. Auch diese »Bewegung für ein besseres, rechteres Ungarn« leitet Vona. Die schwarzen Uniformjacken, die sich die mehrheitlich armen Gardisten selbst kaufen müssen, stammen vom Budapester Chinesenmarkt. Die Montur ist für militärische Rangabzeichen vorgesehen, die Mitglieder sind aufgerufen, das Schießen zu lernen. Lajos Für, ehemals Verteidigungsminister der ersten christlich-konservativen Nachwende-Regierung, überreichte jedem frisch vereidigten Gardisten bei der Gründungszeremonie 2007 eine Urkunde. Ziele und Losungen der Garde, die sie bei ihren Märschen durch Stadtbezirke und Dörfer mit Roma-Bevölkerung verkünden, lauten wörtlich oder sinngemäß: Roma (ungarisch: Cigányok) zurück nach Indien; Siebenbürgen, die serbische Vojvodina und andere verlorene Gebiete zurück an Ungarn. Zu ihren faschistoiden Präambeln gehört: »Die ungarische Garde ist hart wie die geballte Faust, zäh wie Bast, scharf wie das Schwert.«

Zwar schrecken viele Bürger, die kaum weniger fremdenfeindlich denken, vor dem martialischen Mummenschanz denn doch zurück. Ihnen bietet sich Jobbik an. Die rechtsradikale Mutterpartei der Garde hat neben der national-konservativen Bürgerunion Fidesz und den in ein tiefes Tal abgestürzten Sozialisten als dritte Partei die Chance, jetzt einen Sitz im EU-Parlament zu gewinnen. Ihre Spitzenkandidatin ist die 1963 geborene Krisztina Morvai, Dozentin für Strafrecht an der ehrbaren Loránd-Eötvös-Universität. Bis 2004 genoss sie ein respektables Ansehen als unabhängige Expertin in der UN-Frauenrechtskommission. Seit Ungarns sozialliberale Koalition ihr Mandat nicht verlängert hat, feuert sie den Antisemitismus im Lande an.

Zur Eröffnung von Krisztina Morvais Wahlkampf in der Stadt Érd ließ Jobbik die Goj-Kolonne vorfahren: schwarzlederne Jungs auf schweren Motorrädern, die ihren röhrenden Konvoi demonstrativ nach dem hebräischen Wort für Nichtjuden benannt haben. Morvai sprach den überfüllten, verzückten Saal an, als habe sie einen Kindergarten für den Fundamentalismus zu begeistern: »Liebe Unsereine! Als christliche Juristin fallen mir um Ostern immer Szenen aus der Bibel ein. Jesus wusch die Füße seiner Jünger. Ein Zeichen von Demut. Daran fehlt es unserer Regierung … Unsere Gegner sind Erscheinungen des Satans, und wir müssen gegen die satanischen Kräfte kämpfen…« Draußen verkauften die Parteifreunde der EU-Kandidatin derweil ein T-Shirt mit dem Bild von Míklós Horthy, Hitlers Verbündeten bis 1944.

Horthys Büste steht im Budapester Zentrum, am Freiheitsplatz. Man entdeckt sie nicht gleich. Der steinerne Kopf gehört zu den Säulenheiligen an den Stufen zur großen, reformierten »Kirche der Heimkehr«. Neben Horthy ist dort auch Albert Wass verewigt, ungarischer Gendarmerie-Offizier, der nach seinen Kriegsverbrechen in Siebenbürgen in die USA fliehen konnte. Heute gehören seine Bücher über Siebenbürgen zur Pflichtlektüre eines jeden Rechten. Und der Pastor des Gotteshauses, Sohn des Bischofs der Reformierten Kirche, wettert gegen »Judeobolschewiken« und »fremdherzige« Liberale.

Von ihrer Wohnung hoch über der Donau schaut die Soziologin Mária Vársáhelyi auf ein Haus mit einem eckigen Turm. Es gehörte einst einem jüdischen Unternehmer. 1944 ließ es Adolf Eichmann für sich requirieren. Der Organisator der Judenvernichtung war in Budapest, um die Deportationen zu beschleunigen. Das gelang, nachdem die Nazis 1944 den von Hitler abrückenden Horthy zur Abdankung gezwungen hatten. Die faschistische Partei der Pfeilkreuzler übernahm die Regierung. In den letzten Kriegsmonaten ließ sie noch 437000 Juden deportieren und Tausende Kinder, Frauen und Greise in die Donau treiben, ertränken und erschießen. Sie mordete unter der rot-weiß gestreiften Fahne des ungarischen Gründergeschlechts der Arpáden, die heute auf rechten Demonstrationen weht.

Mária Vársáhelyi hat von klein auf gelernt, mit Bangen auf die Geschichte zu blicken. Ihr Vater saß lange in der Todeszelle. Er war der Informationsminister des nach dem Ungarn-Aufstand von 1956 hingerichteten Regierungschefs Imre Nagy gewesen. »Extremistische Parolen«, sagt die Soziologin, »sind heute völlig salonfähig geworden. Kein Wunder, dass die Leute inzwischen glauben, es gehöre zu ihren Bürgerrechten, ungehemmt fremdenfeindlich zu sein. Die parlamentarische Demokratie hat schon fast ihren Geist aufgegeben. Die sozialistische Partei ist zur Geisel von geschäftstüchtigen Glücksrittern geworden. Ich weiß nicht, wie sie noch verhindern will, dass Viktor Orbán bei den nächsten Wahlen eine rechtskonservative Zwei-Drittel-Mehrheit gewinnt. Dann kann er die Verfassung nach Belieben für die autoritäre Präsidialdemokratie ändern, die er anstrebt – mit einer Mischung aus Sarkozy und Berlusconi, Kaczyński und Horthy.«

Dass dem Populisten Orbán zumindest jedes Mittel recht ist, um an die Macht zu kommen, bewies er bei den Kommunalwahlen 2006, als er seine Bürgerunion Fidesz gemeinsame Kandidaten mit der rechtsextremen Jobbik aufstellen ließ. Dem einstigen Freidenkertum, das ihn nach 1989 zum Jungstar von Davos und anderen neoliberalen Kultstätten gemacht hatte, schwor er im Juli 2007 endgültig ab. »Die Ordnung ist eine gottgefällige Sache«, so verkündete er, »sie hat daher einen höheren Stellenwert als die Freiheit.«

Zum Auftakt des EU-Wahlkampfs hat Ungarns starker Mann Mitte April angedroht: Die sozialistischen Politiker, die das Land in den Ruin getrieben hätten, würden mit aller Härte zur Verantwortung gezogen. Dafür ist Orbán, der einst als Ministerpräsident selbst keineswegs vor dubiosen Geschäften zurückgeschreckt war, der Beifall fast aller Ungarn sicher. Denn der neue sozialistische Ministerpräsident Gordon Bajnai, stand zuvor im Ruf eines Oligarchen, der durch seine Geschäftsinteressen viele kleine Existenzen vernichtete. Doch vor Bajnais jetzigem Sparprogramm, das ungleich schmerzhafter als etwa Hartz IV in Deutschland ist, gäbe es auch für Orbán kein Entrinnen – egal, wie überwältigend sein Wahlsieg ausfällt.

Wie er dann auf die weiter wachsenden Aufmärsche der Rechtsradikalen reagieren würde? Kein Problem: Wie Horthy, so hat er in einer Rede wissen lassen, werde er ihnen zwei Ohrfeigen versetzen und sie nach Hause schicken. Wenn Ungarns oft tragische Vergangenheit und Gegenwart sich doch nur so einfach bewältigen ließen.

Diesen Artikel finden Sie als Audiodatei im Premiumbereich unter www.zeit.de/audio

Krieg und Militär verbieten

http://www.welt.de/politik/article3720972/US-Soldat-erschiesst-fuenf-Kameraden-im-Irak.html


Amoklauf

US-Soldat erschießt fünf Kameraden im Irak

11. Mai 2009, 19:51 Uhr

Ein US-Soldat hat auf einem irakischen Stützpunkt bei Bagdad fünf Kameraden erschossen. Das teilte das US-Verteidigungsministerium und die Streitkräfteführung mit. Der mutmaßliche Täter sei festgenommen worden. Über sein Motiv war zunächst nichts bekannt. Seine Tat könnte im Zusammenhang mit Stress stehen.

Ein amerikanischer Soldat hat nach Angaben des US-Militärs auf einem Stützpunkt in Bagdad fünf Kameraden erschossen. Danach wurde er festgenommen, wie es in einer offiziellen Mitteilung hieß. In US-Medienberichten hatte es zuvor geheißen, der Soldat habe zunächst vier Menschen und dann sich selbst getötet.

Der Mitteilung zufolge ereignete sich die Bluttat gegen Mittag Ortszeit im „Camp Liberty“, einer großen amerikanischen Basis nahe dem Bagdader Flughafen. Der Vorfall werde untersucht, hieß es ohne Angaben über die möglichen Hintergründe weiter. Dem Sender CNN zufolge eröffnete der Soldat das Feuer in einer auf dem Stützpunkt gelegenen Klinik für stressgeschädigte Militärangehörige.

US-Präsident Barack Obama hat sich „geschockt“ und „tief traurig“ über die Erschießung von fünf US-Soldaten durch einen Kameraden im Irak geäußert. Er werde darauf drängen, dass die Hintergründe der „schrecklichen Tragödie“ aufgeklärt werden, hieß es in einer am Montagabend (Ortszeit) in Washington veröffentlichten Erklärung Obamas. Er habe sich deshalb auch am Montagnachmittag von Verteidigungsminister Robert Gates über den Vorfall informieren lassen.

Laut US-Militär war bereits am Sonntag ein US-Soldat ums Leben gekommen, als in der südirakischen Stadt Basra ein Sprengsatz neben seinem Fahrzeug explodierte. Die US-Streitkräfte hatten Ende April die Verantwortung für die Provinz Basra von den britischen Truppen übernommen, die ihren Einsatz im Irak im Juli offiziell beenden.

In der 400 Kilometer nördlich von Bagdad gelegenen Stadt Mossul fand die Polizei am Montag die Leiche eines fünfjährigen Jungen, der zuvor entführt worden war. Das Kind, das einer christlichen Familie angehört, wurde nach Polizeiangaben erschossen. Zwei Polizisten starben, als neben ihrer Patrouille eine Autobombe detonierte. Ein zweiter Sprengsatz, der offensichtlich einer Patrouille der irakischen Armee galt, tötete einen Zivilisten.

AP/dpa/lk

Es reicht den Afghanen, in Massen durch fremde Gewalt zu sterben

http://www.radio-utopie.de/2009/05/11/Afghanisches-Parlament-Es-reicht!-Gesetz-gegen-die-Willkuer-auslaendischer-Truppen-gefordert


Afghanisches Parlament: "Es reicht!" - Gesetz gegen die Willkür ausländischer Truppen gefordert

Autor: petrapez, Montag, 11. Mai 2009, 22:04

Heute trat das Parlament in Afghanistan zu einer Debatte zusammen und forderte von der Regierung, einen Gesetzesentwurf vorzustellen, das die ungezügelten Kampfeshandlungen der ausländischen Truppen, die zu Verlusten unter der Zivilbevölkerung führen, einschränkt und dass die verantwortlichen ausländischen Soldaten vor einem afghanischen Gericht zur Rechenschaft gezogen werden.


Der Regierung wird dazu eine Woche Zeit gegeben, diese Gesetzesvorlage zur Regelung der ausländischen Truppen vorzulegen.

"Das afghanischen Parlament will ein Gesetz zur Eindämmung der ausländischen Truppen um zu verhindern, dass die Bombardierungen und das Töten von unseren Menschen weiterhin stattfinden" sagt Abdul Sattar Khawaasi, der Sekretär des Unterhauses.
"Das ist nicht mehr erträglich ... die Aktivitäten der ausländischen Truppen, ihre Präsenz muss legalisiert werden. Wenn ein ausländischer Soldat Handlungen gegen das Gesetz von Afghanistan begeht, so sollte er strafrechtlich nach afghanischen Gesetz verfolgt werden."(1)


Das Parlament (Wolesi Dschirga) besteht aus 249 Sitzen, wobei 68 für Frauen und zehn für die Nomaden-Minderheit der Kuchis vorbehalten sind.


Artikel 130 der afghanischen Verfassung
Die Gerichte wenden bei den Verfahren die Bestimmungen dieser Verfassung und sonstiger Gesetze an. Wenn in einem zur Entscheidung anstehenden Fall in der Verfassung und den sonstigen Gesetzen keine Bestimmungen zu finden sind, müssen die Gerichte ihre Urteile innerhalb der Grenzen dieser Verfassung in Übereinstimmung mit der hanafitischen Rechtslehre (Fiqh) so fällen, dass der Gerechtigkeit auf bestmögliche Weise gedient ist.

Artikel 131
Gerichte wenden nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen in Fällen, in denen es um persönliche Angelegenheiten der schiitischen Gläubigen geht, den Schia- Rechtskodex an.
Auch in sonstigen Rechtsstreitigkeiten, für die es in dieser Verfassung und den übrigen Gesetzen keine Bestimmungen gibt, urteilen die Gerichte nach den Grundsätzen dieses Glaubens.


Die Scharia, das islamische Recht, wird in der Verfassung zwar nicht explizit festgeschrieben, kommt jedoch durch die Formulierung »Kein Gesetz kann im Widerspruch zu den Grundlagen des Islam stehen« (Art. 3), die jeder nach seiner Vorstellung interpretieren kann, durch die Hintertür wieder zur Geltung. Dies wird den Fundamentalisten die Möglichkeit eröffnen, z. B. die untergeordnete Rolle der Frau daraus abzuleiten. Denn welche Instanz, welches Gremium wird darüber befinden, und was soll als Maßstab dafür gelten, was islamisch oder unislamisch ist? (2)

Hintergrund dieser Forderung der Parlamentarier nach dem neuen Gesetz sind die jüngsten US-Luftangriffe in der Provinz Farah, bei der nach Aussagen des Chefs der Unteren Kammer Mohammad Younus Qanuni mehr als unschuldige 140 Menschen ums Leben kamen.

Präsident Hamid Karzai hatte bereits zu einer Beendigung aller Luftangriffe aufgerufen, was die US-Militärführung ablehnte mit der Begründung, dass ihr dann bei der Bekämpfung der Taliban "eine Hand gebunden" wäre.

Kundgebungen und Wut gegen die von den USA geführten Koalitionstruppen steigern sich in der afghanischen Bevölkerung. In Farah-Stadt versammelten sich hunderte von aufgebrachten Bürgern in der Hauptmoschee und zogen anschliessend zum Büro des Gouverneurs, wo es wiederum zu Gewalt und Schüssen kam.(5)

Nach der Debatte wurde das Parlament aus Protest für den heutigen Tag geschlossen, um der jüngsten Opfer der US-Luftangriffe zu gedenken.

Heute wurde vom Verteidigungsministerium in Berlin bekannt gegeben, dass deutsche Soldaten letzten Donnerstag bei einem Feuergefecht mindestens zwei Einheimische getötet haben, was sich aufgrund der zunächst "unübersichtlichen Lage" erst später herausgestellt hätte.

Ministeriumssprecher Thomas Raabe sagte "Es gehöre zum Einsatz in Afghanistan dazu, dass es zu solchen Situationen komme und Einheimische getötet werden könnten. Der Bundestag sei informiert worden, die Soldaten führten mit den Vorgesetzten Gespräche."


In Zukunft könnten derartige Vorkommnisse ausser in Deutschland auch afghanische Gerichte beschäftigen, wenn Afghanen im eigenen Land von ausländischen Soldaten erschossen werden und es besteht die Möglichkeit, dass sie nach Artikel 3 der Verfassung (kein Gesetz darf im Widerspruch zu den Grundlagen des Islam stehen) nach islamischen Recht verurteilt werden könnten,


Die neuen Vorgaben aus Washington setzen auf weniger Gewaltanwendungen des Militärs.


General David McKiernan wird seines Postens als Oberkommandierender enthoben. Heute wird die offizielle Ernennung von Veteran Special Operations Commander Lt. Gen. Stanley McChrystal durch Robert Gates in einer neuen eilig um 2.00 Uhr einberufenen Konferenz mit Chairman of the Joint Chiefs of Staff Admiral Mike Mullen erwartet, der den bisherigen Führenden U.S. Commander der ISAF und US Forces in Afghanistan, General David McKiernan ablösen soll.(3)


Artikel zum Thema


10.05.2009 NATO-Krieg in Afghanistan unter deutscher Beteiligung und die grausamen Phosphorverbrennungen kleiner Kinder: das Schicksal der achtjährigen Razia
08.05.2009 Zeitenwende in Washington: Afghanistan-Kommandeur McKiernan vor dem Rauswurf, Zentralkommando strategisch entmachtet


Quellen


(1) http://uk.reuters.com/article/gc05/idUKTRE54A28520090511


(2) http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Afghanistan/baraki4.html
(3) http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2009/05/11/AR2009051101864.html
(4) http://www.focus.de/politik/ausland/afghanistan-bundeswehr-toetet-zwei-aufstaendische_aid_398076.html
(5) http://newsticker.sueddeutsche.de/list/id/639077


Wer wird im Golf von Aden gejagt?

http://www.saarbreaker.com/2009/05/wen-jagt-die-internationale-gemeinschaft-im-golf-von-aden/


IMI-Standpunkt 2009/032 in: telepolis (08.05.2009)


Piraten, Flüchtlinge, Fischer ...


Wen jagt die internationale Gemeinschaft im Golf von Aden?


Am 23.4.2009 veröffentlichte das UNHCR eine Pressemitteilung,[1] die über den Tod von 35 afrikanischen Migranten vor der Küste des Jemen berichtet. Eine ähnliche Meldung erreichte Europa bereits am 24.2.2009.[2] Damals starben sechs Menschen aus Somalia und Äthiopien mit Sicherheit, elf weitere wurden vermisst. Beide Boote legten in Somalia ab. Da sich die bewaffneten Schmuggler nicht ans jemenitische Festland trauen, zwingen sie ihre "Passagiere" bereits weit vor der Küste ins Wasser, dann müssen diese um ihr Leben schwimmen.

Alleine in den ersten dreieinhalb Monaten registrierte das UNHCR im Jemen 19.622 Menschen, die in 387 Booten vom Horn von Afrika über den Golf von Aden das Land an der südlichen Spitze der arabischen Halbinsel erreichten - nachweislich umgekommen sind dabei im selben Zeitraum 131. Die meisten von ihnen stammen aus dem bitterarmen und von Krieg gezeichneten Somalia und Äthiopien.[3]

Nach Angaben der afrikanischen Nachrichtenagentur afrol News zahlen die Flüchtlinge für die Überfahrt etwa 30 bis 50 US-Dollar und werden dann in kleinen, offenen Fischerbooten meist von der somalischen Hafenstadt Bosaso mit auf die 30-stündige Überfahrt in den Jemen genommen.[4] Eine wesentlich preiswertere, in Umfang und Dramatik aber durchaus mit den Routen zwischen Westafrika und den Kanaren und zwischen Libyen und Italien vergleichbare Art, vom afrikanischen Kontinent zu fliehen. Dass diese Migrationsroute in Europa bislang kaum wahrgenommen wird, mag daran liegen, dass die Flüchtlinge nicht in Europa anlanden, überrascht aber dennoch angesichts der Tatsache, dass hier seit Monaten intensiv über den Internationalen Marineeinsatz in just dieser Region debattiert wird, der angeblich der Bekämpfung der ebenfalls von Somalia ausgehenden Piraterie dient.

Anfang Mai waren alleine im Rahmen der EU-Mission Atalanta neben sechs Schiffen der Bundeswehr Fregatten und Patrouillenboote aus Spanien, Italien, Griechenland und Frankreich vor der Küste Somalias im Einsatz, schwedische Korvetten sind bereits unterwegs, um sich anzuschließen. Unterstützt werden diese durch Aufklärungsflugzeuge mehrerer europäischer Staaten. Zuvor fand am selben Ort bereits ein NATO-Einsatz gegen Piraten statt und nicht zuletzt sind dort auch bis heute die Marinen einer Koalition der Willigen unter der Führung der USA im Rahmen der Operation Enduring Freedom aktiv.

Seit der UN-Sicherheitsrat 2008 in mehreren Resolutionen alle Staaten ermächtigte und sogar aufforderte, selbst in somalischen Hoheitsgewässern militärisch gegen die Piraterie vorzugehen, fühlen sich aber noch weit mehr Staaten berufen und haben ihre Marine in den Kampfeinsatz geschickt, darunter Russland, Indien, China und Saudi-Arabien. An dem Nadelöhr des Welthandels tummeln sich also außer Tankern, Frachtern und Piraten zahlreiche Kriegsschiffe und dazwischen versuchen täglich mehrere Boote mit Flüchtlingen den Golf von Aden zu überqueren. Nicht zu vergessen sind dabei auch noch die verarmten somalischen Fischer, die mit ebenso kleinen Booten am Horn von Afrika versuchen, ihre Existenz zu sichern und sich dabei in unmittelbarer Konkurrenz mit Fischfangflotten befinden, die teilweise aus denselben Staaten stammen, wie die Kriegsschiffe.

Vor diesem Hintergrund stellt sich der "Kampf gegen die Piraterie" ungleich komplizierter dar. Die Forderungen nach einem härteren Vorgehen, verbunden mit dem Verzicht auf rechtsstaatliche Prinzipen beim Umgang mit mutmaßlichen Piraten, wirken erschreckend. Erst am 5.5.2009 forderte die verteidigungspolitische Sprecherin der FDP, Birgit Homburger, die deutsche Eliteeinheit Kommando Spezialkräfte (KSK) gegen die Piraten einzusetzen,[5] was schon alleine deshalb ein überflüssiger Vorschlag ist, weil die Marine über eigene Spezialeinheiten verfügt. Erst einen Tag zuvor hatte der Radiosender Europe-1 berichtet, dass der bei einer Geiselbefreiung am 10.4.2009 getötete Segler Florent Lemaçon nicht durch die Piraten, sondern durch französische Elitesoldaten getötet wurde. Wenige Tage zuvor war bekannt geworden, dass die Sondereinheit GSG9 der Bundespolizei sich bereits zwei Mal im Einsatzgebiet befand, um mit Unterstützung von Kampfschwimmern gegen Piraten vorzugehen. Der erste Einsatz scheiterte, der zweite wurde auf Betreiben des US-Sicherheitsberaters James Jones abgebrochen.[6] Dieser war offenbar im Gegensatz zum deutschen Bundestag vorab von Innenminister Schäuble (CDU) informiert worden.

Die Schlepper auf den Flüchtlingsbooten sind bewaffnet. Wie lassen sich also Boote mit Flüchtlingen an Bord von Piraten unterscheiden? Vor diesem Hintergrund muten die alltäglichen Berichte seltsam an, wonach mutmaßliche Piratenangriffe durch Manöver von Kriegsschiffen oder Warnschüssen vertrieben wurden. Handelt es sich dabei etwa zumindest teilweise um Flüchtlingsboote, die einem Tanker zu nahe kamen? Sollten die zunehmend auf Kreuzfahrtschiffen zum Einsatz kommenden Sicherheitskräfte etwa dazu übergehen, vorsorglich das Feuer zu eröffnen, sobald sich ein kleines Boot mit Afrikanern an Bord nähert, bevor Panik unter den Passagieren ausbricht oder diese selbst Maßnahmen ergreifen, wie im Falle der MS Melody?[7]

Mittlerweile wird von vielen Beteiligten eingeräumt, dass die massive Militärpräsenz all der Staaten mit ihren doch bisweilen sehr unterschiedlichen Interessen und Vorgehensweisen die Situation eskaliert hätte. Auf jeden Fall hat sich der Aktionsradius der Piraten von der Küste auf die hohe See ausgedehnt, wodurch Kreuzfahrtschiffe eher betroffen sind. Militärische Geiselbefreiungen, wie sie Frankreich und die USA schon durchgeführt und Deutschland bereits geplant haben, gefährden v.a. auch die Geiseln und verändern dem Umgang der Piraten mit diesen. Frankreich und Deutschland meldeten bereits Angriffe durch Piraten auf ihre Kriegsschiffe (was sollten wohl die Beweggründe für solche aussichtslosen Angriffe sein?), erwiderten das Feuer und entwaffneten die Angreifer, um sie - zumindest falls die Staatsanwaltschaft Kiel keine eindeutigen Beweise findet - in Kenia vor Gericht stellen zu lassen.

Mittlerweile wird auch zunehmend darüber diskutiert, an Land - also in Somalia - gegen die Piraten vorzugehen. Doch an Land sind diese natürlich kaum von den Zivilisten zu unterscheiden, die in einigen Regionen ganz überwiegend auf die eine oder andere Weise von der Piraterie leben. Zudem weckt der Gedanken an ein militärisches Eingreifen unweigerlich schlechte Erinnerungen an die UN-Mission "Restore Hope" und die sie letztlich beendende "Schlacht von Mogadischu" vom 3.10.1993, bei der an einem Tag etwa tausend Somalis und 18 US-Soldaten getötet wurden. Seither bedienen sich insbesondere die USA der äthiopischen Armee bei der Bekämpfung der Union Islamischer Gerichtshöfe in Somalia, die vorübergehend weitgehend Ordnung im Land hergestellt hatte. Der letzte Einmarsch äthiopischer Soldaten mit Unterstützung der US-Luftwaffe im Dezember 2006 zersetzte diese Ordnung und schuf somit die Bedingungen für die heutigen Piratenattacken.[8]


Anmerkungen

[1] Thirty-five drown in latest smuggling tragedy in the Gulf of Aden, UNHCR Press Release (23.04.2009)

[2] Flüchtlingsdrama vor jemenitischer Küste, oe24.at (24.02.2009)

[3] s. FN 1

[4] Deadly migration drive also from Somalia to Yemen, afrol News (22.05.2006)

[5] FDP für Einsatz von KSK-Elitesoldaten gegen Piraten, Tagesspiegel (07.05.2009)

[6] GSG9-Einsatz vor Somalia gestoppt, handelsblatt.com (02.05.2009)

[7] "Die Kugel verfehlte meine Frau nur um Zentimeter" - Interview mit Frank Königk, spiegel.de (02.05.2009)

[8] Claudia Haydt: Operation ATALANTA - Kanonenboote und Piraten, in: Friedensforum 1/2009






Christoph Marischka

Einfach sein...

Die Fantastischen Vier Einfach sein




Ein Apell sozusagen

http://www.zeit-fragen.ch/ausgaben/2009/nr18-vom-452009/wer-hilft-mit-dass-die-deutschen-zu-ihrer-wuerde-finden/


Wer hilft mit, dass die Deutschen zu ihrer Würde finden?

von Karl Müller

Die deutsche Zeitung «junge Welt» hat am 29. April einen Vorabdruck aus dem neuen Buch der ehemaligen Grünen-Politikerin und heute unabhängigen Publizistin Jutta Ditfurth veröffentlicht. Das Buch trägt den Titel «Zeit des Zorns» (ISBN 978-3-426-27504), und der veröffentlichte Buchauszug ist eine bittere Konfrontation der heutigen Realität unseres Finanz- und Wirtschaftssystems mit den einstigen Idealen des Sozialismus, aber auch des liberalen Bürgertums. Ein Auszug über die sozialen Errungenschaften und warum es diese nach Meinung der Autorin überhaupt gegeben hat. Und warum es sie heute nicht mehr gibt.
Aber eben eine bittere Konfrontation, weil er keinen Ausblick formuliert … bis auf die Ziele, «ein Leben ohne Ausbeutung, Diskriminierung, Hunger und Krieg» … «eine Gesellschaft, die auf Solidarität aufbaut und auf sozialer Gerechtigkeit, in der es keine Ausbeutung und keine Herrschaft von Menschen über Menschen mehr gibt, eine Gesellschaft, in der wir basisdemokratisch entscheiden, wie wir leben und arbeiten wollen».
Und dann schreibt Jutta Ditfurth: «Das ist ein tollkühner Plan. Und wir müssen alles selbst machen.»
«Energischere Massnahmen als Mahnwachen und Kundgebungen» seien notwendig: «eine soziale Revolution».
Aber am Anfang ihres Textauszuges schildert sie eine Begegnung mit einem Busfahrer. Der hatte gesagt: «Schade, dass es heute keine Revolutionen mehr gibt», und dann erfährt der Leser, dass dieser Busfahrer durch die derzeitige Weltwirtschaftskrise sein Reihenhaus verloren hat. Und: «Sein Hass ist riesengross.»
Am 30. April hat Annelie Buntenbach, Mitglied des geschäftsführenden DGB-Vorstandes, also des Dachverbandes nahezu aller deutschen Gewerkschaften, in der deutschen Tageszeitung «Neues Deutschland» auch davon gesprochen, dass sich die Krise «nur solidarisch und gerecht» bewältigen liesse, aber dann vor allem die Politik gefordert: «Die Politik hat es in der Hand.»
Indes titelte am selben Tag selbst die «Frankfurter Rundschau»: «Ein einziger Berliner Scherbenhaufen». Der neue deutsche Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg von der CSU hat die neueste Regierungsprognose zur Wirtschaftsentwicklung in Deutschland vorgestellt. Gerechnet wird derzeit mit einem Rückgang des Bruttoinlandsproduktes um 6 Prozent im Jahr 2009, das sind rund 140 Milliarden Euro weniger Wertschöpfung in Deutschland. Die Zahl kann noch höher werden; denn die deutschen Exporte tragen extrem viel, nämlich rund 50 Prozent, zum deutschen Bruttoinlandsprodukt bei; und diese Exporte brechen um 20, 30 und mehr Prozent weg.
Bis Ende 2010 soll es im Jahresdurchschnitt rund 1,35 Millionen mehr Arbeitslose in Deutschland geben, 450 000 in diesem und nochmals 900 000 mehr im kommenden Jahr. Die Gesamtzahl steigt dann, selbst nach den sehr beschönigenden offiziellen Statistiken («Kommentierte Eckwerte-Tabelle zur Frühjahrsprojektion 2009 der Bundesregierung»), auf 4,6 Millionen im Jahresdurchschnitt.
20 bis 30 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen als bislang geplant für das Jahr 2009 sind zu erwarten … und eine noch nie dagewesene Neuverschuldung von 70 bis 80 Milliarden Euro allein für den Bundeshaushalt.
Unterdessen werden diejenigen, die vor sozialen Unruhen in Deutschland warnen, weiter als Schwarzmaler abgetan. Man dürfe Unruhen erst gar nicht herbeireden, in Deutschland sei so etwas auch gar nicht zu erwarten. Die Deutschen seien «vernünftig», und ausserdem sei die deutsche Marktwirtschaft «sozial»: «Ja, also das ist natürlich irgendwie­ dummes Geschwätz, das muss man sagen. Wir haben einen Sozialstaat, der in der Tat sich um alle Menschen kümmert. Wir haben ein politisches System, das dafür sorgt, dass alle mitgenommen werden und dass solche konjunkturellen Dellen, die jetzt weltweit stattfinden, auch zu einem Höchstmass abgefedert werden. Ich halte überhaupt nichts davon, jetzt hier eine Krise nach der anderen an die Wand zu malen, sondern wichtig ist es, den Menschen jetzt Vertrauen zu geben, zu sagen, Politik handelt, Politik tut das möglichste, um bald eine Trendwende herbeizuführen.» (CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt in einem Interview mit dem Deutschlandfunk am 30. April)
Jutta Ditfurth schreibt: «Staatliche Obrigkeit und Kapital ahnen, dass es in den Köpfen Hunderttausender, wenn nicht von Millionen Menschen brodelt. Aber Politiker wie Manager sind so weit vom normalen Leben der Menschen entfernt, dass sie vom Ausmass der grossen Wut nichts wissen.»
Wer also hilft mit, dass die Deutschen zu ihrer Würde finden?
Wie kann es gelingen, dass sich die Menschen in Deutschland – schon um der Sache willen – wieder annähern, dass die Polarisierungen nicht noch weiter eskalieren, dass die Fronten nicht noch mehr verhärten, dass die Zahl der Krisenopfer nicht immer weiter wächst?
Dass die Menschen endlich voneinander wissen, was der andere denkt, was ihn bewegt? Dass sich jeder in Deutschland besser verstanden und mehr zu Hause fühlen kann? Dass endlich ein echter Dialog entsteht, in dem keiner ausgeschlossen wird? Dass alle ehrlich und umfassend informiert werden. In dem alle nach Lösungen suchen, die dem Gemeinwohl dienen – also dem natürlichen Wohl aller?
Und das ist dringend nötig – es soll doch keiner so tun, als wenn er schon jetzt den Weg aus der Sackgasse der vergangenen 20 Jahre wüsste.
Wer also hilft mit, dass bei jedem in Deutschland die Bereitschaft wächst, Verantwortung für die ganze Gemeinschaft zu übernehmen? In der nicht mehr nur ein paar wenige entscheiden, welchen Weg das Land künftig geht? Ein Land also, das wirklich freiheitlich, gerecht, demokratisch, solidarisch und friedlich ist?
Ist das ein tollkühner Plan? Eigentlich nicht. Es ist ein menschlicher Plan. Das heisst, ein Plan, der davon ausgeht, dass jeder Mensch gut und schlecht erkennen, sich für das Gute entscheiden und dann auch das Gute tun kann. Eigentlich ganz einfach. •


Alle die gegen die Pläne von Ursula von der Leyen protestieren sind unzivilisiert...

...so sieht Frau Ministerin das.

Wer interressiert sich für die Gesetze und Verträge, im Zusammenhang mit den als Zensur bezeichneten Sperrmassnahmen ? Na?
Klar, die Unzivilisierten.

Folglich bleibt also alles geheim, denn für Unzivilisierte legen die Beteiligten an den Provider-Verträgen nichts offen.
Außerdem, es sind doch so viele potentielle Kinderschänder darunter - denen eröffnet man doch schon gar nichts.
Und der Rest der Bürger versteht sowieso nichts davon, so wie der Herr Abgeordnete Wiefelspütz.

Volk der Deutschen, Du hast dumm und verblödet zu sein, weil die Obrigkeit das so will und so braucht.

Zensurfreie Suchmaschinen gibt es hier:

http://www.internetzensur.eu/?p=54


Zensurfreie Suchmaschinen für Bürger der Bananenrepublik

22.04.09 (Zensurumgehung)

Also Google.de gehört auf jeden Fall nicht dazu. :-))

Ich habe hier einige zensurfreie Suchmaschinen zusammengestellt.

  • CUIL, Suchmaschine die von ehemaligen Google Mitarbeitern erstellt wurde.
  • Metager, gut und schnell.
  • Suche ohne Zensur, Amnesty international, gut und schnell
  • ixquick, Metasuche sehr schnell und gründlich, keine IP Speicherung. Deutschsprachig.
  • Scroogle, ist zwar auf Suchergebnissen von Google basierend, allerdings entfällt die Zensur bei der Suche auf jeden Fall soweit es Deutschland betrifft.

Wer mehr kennt darf die hier gerne als Kommentar einstellen.


Etwas Musik der besonderen Art

Omnia ist eine Musikgruppe aus den Niederlanden, die - nach ihrer Aussage - „neo-keltische“ Musik macht.





Lyrics:
(William Shakespeare and Steve Sic)

-Thrice the brinded cat has mewed!
-Thrice and once the hedge-pig whined!
-Harpy cries: " 'tis time! 'tis time!"

Round about the cauldron go,
in the poisoned entrails throw
Skin of toad and spike of bone,
sharpened on an eagle stone
Serpent's egg and dancing dead,
effigy of beaten lead
Double double trouble you,
bubble in a witches' brew

Fillet of a fenny snake,
In the cauldron boil and bake
Eye of newt and toe of frog,
Wool of bat and tongue of dog
Lizard leg and fairy wing,
round about the cauldron sing
Double double trouble you,
bubble in a witches' brew

Root of mandrake dug at night,
when the moon is full and bright
Slip of yew and twig of fern,
make the fire dance and burn
For our will it will be done,
when the hurlyburly's done
Double double trouble you,
bubble in a witches' brew

Double double toil and trouble
Fire burn and cauldron bubble
Double double trouble you
Bubble in a witches' brew

Double double toil and trouble
Like a hell-broth boil and bubble
Double double trouble you
Bubble in a witches' brew

Gewalttätige Antworten des Herrn Abgeordneten Wiefelspütz

: Wiefelspütz wird direkt gefragt, ob er sich genug mit dem Internet auskennt, um Begriffe wie "DNS" oder "TLD" erklären zu können. Die Antwort ist:
was soll denn ein "Computer" sein, was soll "Internet" sein?

Ich habe diese Begriffe noch nie gehört oder gelesen. Ich stamme nämlich aus dem vergangenen Jahrtausend.

DNS, TLD, GAGA, GOGO, TRALAFITTI oder was?


Oder zum Thema Verbot des Paintball:

wie verhält es eigentlich mit Wasserpistolen? Scheinbar sollen die ja nicht verboten werden. Es gibt auch bei Wasserpistolen VIELE Modelle, die echten Waffen zum verwechseln ähnlich sehen. Auch hier ist die optische Form einer Waffe gegeben und es wird gezielt auf Menschen geschossen. Warum bin ich guter Mensch wenn ich mit Wasser schieße und ein böser Mensch wenn ich mit Farbe schieße?

Wird es, falls diese Gesetzeserweiterung durchkommt ein staatliches Rückkaufprogramm für Paintball-Waffen geben? Es stellt sich hier nun die Frage des Bestandschutzes - immerhin war sich der Staat über Jahrzehnte auch nicht zu fein über Steuern (MwSt, Lohnsteuer der Verkäufer, Versicherungssteuer der Spielgelände) mitzuverdienen. Da wird man schwerlich den Käufern, die in gutem Glauben gekauft haben den Schaden (Wertverlust) alleine zumuten können.


Antwort:

Ich befasse mich nicht mit Wasserpistolen.

Der Deutsche Bundestag hat über Paintball noch nicht entschieden. Ich bin auch nicht der Gesetzgeber.

Ich rechne damit, daß in der übernächsten Woche ein Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD in den Bundestag eingebracht wird. Wir werden sehen, ob das Verbot von Paintball in diesem Gesetzentwurf enthalten sein wird.


Mit freundlichen Grüßen


Oder:

ich bestimme selber, ob und wie ich bei abgeordnetenwatch antworte.
Nicht Sie.

Ich habe keine Veranlassung, auf Boxen, Fechten, Biathlon u. a. einzugehen.

Wenden Sie sich in Zukunft an einen Wahlkreisabgeordneten Ihres Vertrauens.
Ich möchte arbeitsfähig bleiben.

Mit freundlichen Grüßen


Einer geht noch:

es gibt keinen Zusammenhang zwischen Paintball und Amokläufen. Ich habe einen solchen Zusammenhang nie hergestellt.

Ich halte Paintball für sittenwidrig.

Wie wäre es, wenn Sie meine Stellungnahmen nicht verfälschen, sondern so aufnehmen, wie ich sie äußere. Ich äußere mich nämlich in deutscher Sprache, klar, deutlich und allgemeinverständlich.


Mit freundlichen Grüßen

Was soll man dazu sagen? - solche Leute sitzen für uns in Berlin.

Die nötige Demutshaltung mitbringen

Ja, wohin soll die nötige Demutshaltung des deutschen Bürgers mitgebracht werden? - Zur Behörde selbstverständlich, zum Jobcenter - genannt Agentur für Arbeit.

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/30/30050/1.html



Armut und Demut

Rudolf Stumberger 06.04.2009

Eine Studie zeigt: Unter Hartz IV wurde die Arbeits- zur Gesinnungskontrollbehörde

Der jüngste Hartz IV-Sündenfall, bei dem in Göttingen ein Mitarbeiter der Arbeitsagentur einem bettelnden Langzeitarbeitslosen die Bezüge kürzte, lässt die Frage nach der sozialpolitischen Einstellung der Arbeitsvermittler aufkommen. Denn um einen Bettelnden - wohlgemerkt in der Freizeit - längere Zeit zu beobachten, seine Bettel-Einkünfte zu schätzen, dies als Einkommen mit den Hartz IV-Groschen zu verrechnen und den Bettelnden so zu bestrafen, dies bedarf schon einer gewissen Blockwartmentalität, die anscheinend den Fürsorgegedanken der früheren Sozialhilfe ersetzt hat.

Wie sich unter dem Einfluss von Hartz IV die Einstellung von Arbeitsvermittlern gegenüber ihren "Kunden" verändert hat, darüber gibt eine Studie der Universität Bielefeld Auskunft [1]. Dabei wurden 107 Arbeitsvermittler in Arbeitsagenturen nach der Einstellung zu ihrer Tätigkeit befragt. Das Ergebnis: Unter Hartz IV wird der Umgang mit Arbeitslosen in den Arbeitsverwaltungen zu einer neuen Form sozialen Kontrolle. Bestraft werden nicht nur Verstöße gegen die gesetzlichen Regelungen (wie bisher schon), sondern bestraft wird mittlerweile vielmehr die innere Haltung, die Meinung. Mit "die Gedanken sind frei" ist es unter Hartz IV jedenfalls für Arbeitslose vorbei, jetzt steht die rechte Gesinnung auf dem Prüfstand.

So konstatiert die Studie, dass zwar die Arbeitsvermittlung die zentrale Aufgabe der Arbeitsverwaltung sei, dies aber in Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit in den "Hintergrund" trete (weil, wo keine Jobs, auch keine Vermittlung). Was aber machen dann die Angestellten der Arbeitsverwaltung? Die einfache aber weitreichende Antwort, so die Sozialforscher, lautet: Aktivieren. Und dabei kommt es, so die fundamentale Einsicht eines Arbeitsvermittlers, auf die "Haltung" der "Kunden" an:

Also wenn ich nicht selbst in mir den Willen habe, hier von uns weg zu kommen, zu sagen: ‚Also am liebsten möchte ich mit denen hier nicht zu tun zu haben', wenn das nicht in mir ist, dann wird das einfach nicht klappen...
Arbeitsvermittler in Süddeutschland

In derartigen Einstellungen wird Beschäftigung zu einer vom Willen des Arbeitslosen abhängigen Leistung. Das Arbeitsamt kann nur die Rahmenbedingungen setzen (Stellenangebote, Mobilitätshilfe, Zuschüsse) und dann liegt es an den Arbeitslosen selbst, etwas aus sich zu machen. Schaffen sie es nicht, war vermutlich der Wille nicht groß genug. Die Studie kommentiert diese Einstellung so: "Was bis hierher als Binsenweisheit der ökonomischen Eigenständigkeit daherkommt, gibt sich nur bei genauer Lektüre als etwas ganz anderes zu erkennen. Denn die objektive Situation auf dem Arbeitsmarkt spielt hier keine Rolle mehr: Arbeit zu finden wird subjektiviert." Und diese Einstellung ist in den Arbeitsämtern die Regel, denn "Vergleichbare Aussagen finden wir in fast allen Interviews mit Arbeitsvermittlern."

Wie eine "falsche" Einstellung von Arbeitslosen von Seiten der Arbeitsvermittler bestraft wird, zeigt das Beispiel eines Kraftfahrers, der eine "Trainingmaßnahme" bei einem möglichen künftigen Arbeitgeber ablehnt:

… und der sollte eine Trainingsmaßnahme machen und wäre danach eingestellt worden, und dann hat er dem Arbeitgeber gesagt: "er wäre doch nicht bescheuert und würde doch nicht zwei Wochen für nichts arbeiten"...
Arbeitsvermittlerin

Der an sich ja nicht unbegründete Einwand ihres "Kunden" weckt aber Zweifel an der Arbeitswilligkeit bei der Arbeitsvermittlerin und wird dann so beantwortet: "Fazit: als Nächstes bekommt der jetzt eine Gemeinwohlarbeit zugewiesen..."

Die Studie macht an diesem Beispiel klar, was sich unter Hartz IV geändert hat: Entscheidungen von Arbeitslosen werden nicht einfach mehr als Handlungen von autonomen Bürgern hingenommen, die bei Verstoß gegen das Gesetzt zum Beispiel durch Leistungsentzug bestraft werden. "Darum geht es heute nicht mehr: Es geht vielmehr um Einsicht und Kooperation."

Der Arbeitslose ist in diesen Sichtweisen kein autonomer Bürger mehr und der Staat kein Organ der Volkssouveränität. Der Staat, so die Studie, wird hier zur formalen Organisation, die mit dem Arbeitslosen eine Tauschbeziehung eingeht: Er kriegt Hartz IV, aber dafür soll er arbeiten, auch wenn es nur für ein paar Euro ist. Die politische Verbindung zwischen Bürger, Volkssouverän und Herrschaftsinstitution, also die demokratische Verfasstheit, wird so aufgelöst in das einfache Modell eines "Tausches" zwischen dem "Staat" und dem "Kunden".

Auch hier ist wieder anzumerken, dies ist keine Einzelmeinung, sondern: "Diese Denkweise wird von der Mehrheit der befragten Arbeitsvermittler innerlich geteilt." Nur eine Minderheit weist mittlerweile noch dieses Prinzip des Subjektivierens zurück und hält an der Vor-Hartz IV-Sicht der Dinge fest, dass nicht der eigene Wille, sondern die Lage am Arbeitsmarkt entscheidend ist:

Jetzt, was soll ich denn da für ein härteres Regiment führen, wenn die Leut' nichts finden? Was soll ich denn da machen, soll ich sie erschießen?
Arbeitsvermittlerin aus dem Südwesten

"Aktivieren als soziale Kontrolle", so die Studie (1), zielt heute primär direkt auf die Einstellung und Haltung. Und was bedeutet dies für den Arbeitslosen? Wer mit derartigen Zumutungen kein Problem hat und auch bereit ist, den sozialen Abstieg hin zu nehmen, könnte – freilich je nach Arbeitsmarktlage – von der Aktivierung profitieren: Sie würden bei der "richtigen" Arbeitssuche (also die Bereitschaft, auch die schlechtbezahlteste und schmutzigste Arbeit anzunehmen) unterstützt. Wer sich allerdings weigert, dieses massive soziale Deklassierungs- und Ausbeutungsprogramm zu akzeptieren und zum Beispiel auf seiner Berufsidentität beharrt, denen – so die Studie – ergeht es schlecht: "Sie laufen Gefahr, in das Visier der Arbeitsvermittler zu geraten" und "bekommen dann als Abweichler zusätzliche Probleme, da gerade bei ihnen die Haltung und nicht die Vermittlung in Arbeit in den Fokus des Arbeitsvermittlers gerät".

Man muss sich deutlich vor Augen führen, was dieses – im soziologischen Fachjargon "nachsolidarische" – Denken und Tun der Arbeitsbehörde bedeutet: Sie mutierte unter Hartz IV offensichtlich zu einer Kontroll- und Bestrafungsbehörde nicht nur des Handelns, sondern des Denkens, der Einstellung, der Gesinnung. Nicht nur die Zurückweisung einer Arbeit wird sanktioniert, sondern allein schon die nicht Hartz IV-kompatible Einstellung, mit einem erlernten Beruf ausreichend Geld zum eigenen Unterhalt zu verdienen und so ein normales Leben führen zu wollen. Die Arbeitsbehörden werden so praktisch zur Schule der Armut und Demut – die Armen- und Arbeitshäuser des 19. Jahrhunderts lassen ideologisch grüßen.

Literaturangaben

[1] Wolfgang Ludwig-Mayerhofer, Olaf Behrend und Ariadne Sondermann: Auf der Suche nach der verlorenen Arbeit (2): Arbeitslose und Arbeitsvermittler im neuen Arbeitsmarktregime. Konstanz 2009

Links

(1) http://www.bpb.de/publikationen/1HAX2X,0,0,Aktivieren_als_Form_sozialer_Kontrolle.html#art0
(2) http://www.uvk.de/buch.asp?ISBN=9783867641555&WKorbUID=180056036&TITZIF=2277&be=wi&uBe=so


http://ad-sinistram.blogspot.com/2009/05/ansichten-eines-frontkampfers.html


Ansichten eines Frontkämpfers

Mittwoch, 6. Mai 2009

Marschiert doch dieser Typ in mein Büro, setzt sich provokativ schweigend, nachdem er gegrüßt hat, auf den Stuhl und wartet, bis ich das Wort an ihn richte. So verhalten sich die meisten Kunden, es ist damit keine besondere Eigenart dieses Typen, aber bei dem habe ich gleich gespürt, dass es sich um ein ganz mieses Subjekt handelt. Nach kurzer Stille leitete ich das Gespräch ein, kam nochmal auf das Stellenangebot zurück, welches ich ihm vermittelt habe, zeigte mich enttäuscht, dass es trotz seiner persönlichen Vorstellung nicht geklappt habe, ermahne ihn im kollegialen Ton, es könne auch an ihm liegen, an seinem Auftreten, an seiner schnodderigen Art, sich einfach in Räume zu setzen, freilich grüßend, freilich das Mindestmaß an Anstand wahrend, aber doch irgendwie unfreundlich wirkend, ja sogar arrogant.

Da fällt mir dieser Schnösel doch tatsächlich ins Wort, erinnert mich an unser letztes Telefonat, welches kurz nach dem Scheitern seines dortmaligen Vorstellungstermins stattfand und bei dem ich ihn, wie er es ausdrückte, zusammengeschissen hätte. Er verbitte sich diesen unmöglichen, unfreundlichen, beleidigenden Ton, er müsse sich nicht als faulen Kerl schimpfen lassen, ebensowenig müsse er sich nachsagen lassen, dass er der Schuldige seiner Erwerbslosenmisere sei und eine erhobene Stimme, die in aggressiver Nuancierung verschiedenste Formen der Beleidigungskunst zelebriert, lasse er sich ebensowenig bieten. Und dass nun der Ton, hier in diesem Raum, schon wieder so eine Tendenz Richtung Schelte und Schuldzuweisung annähme, gehe ihm gehörig gegen den Strich, stinke ihm regelrecht.

Beruhigen ließ er sich kaum, ich setzte an, wollte ihm etwas über Sanktionen erzählen, die er mir mit seinem Verhalten förmlich abringt. Aber er ließ sich nicht beirren, was mir irgendwie unheimlich war, weil üblicherweise an dieser Stelle jeder Widerstand in sich zusammenbricht, der Nörgler wie ein Häuflein arbeitslosen Elends auf dem Polster des Stuhls hin- und herrutscht, in der Hoffnung, der Termin möge schnell vorbeigehen. Doch dieser Unterschichtenschnösel mit ausgeprägtem Gerechtigkeitssinn ließ nicht von mir ab, meinte, er müsse sich jede Form der Beleidigung verkneifen, weil er sich an meiner Person nicht der Beamtenbeleidigung schuldig machen will, und mit Bedacht auf seinen Geldbeutel, auch gar nicht kann. Aber das bedeutet auch, dass der Beamte, der einen derartigen feinen Schutz staatlicherseits erfährt, sich korrekt und sachlich zu verhalten habe. Ansatzweise stehe das so im Bundesbeamtengesetz und der Kodex für gute Verwaltungspraxis, den die Prodi-Kommission vor einigen Jahren ins Leben gerufen habe und der vom Europäischen Parlament angenommen wurde, würde sich ganz konkret dem Thema Fairness und Höflichkeit widmen. Nach diesem Kodex sollte ich mich korrekt, höflich und zugänglich verhalten, müßte mich für Ausrutscher sogar entschuldigen.

Was dieses Prodi bedeuten soll, weiß ich nicht. Ich habe dieses Kürzel, das irgendwie wie PISA klingt, noch nie irgendwo gelesen, was bei dem Ozean an Wortverstümmelungen heutzutage aber auch kaum verwunderlich ist. Andererseits könnte ich mir gut vorstellen, dass dieser Typ sich solche Verhaltenskataloge nur erfunden hat, um sein proletarisches Sendungsbewußtsein zu stimulieren und um mir ans Bein zu pinkeln. Jedenfalls zeigt sich doch deutlich, welche Sorgen der Kerl hat: hat keinen Arbeitsplatz, kostet der Gesellschaft Unmengen an Geld, bringt keine Leistung, sorgt sich aber darum, nur ja korrekt und freundlich behandelt zu werden. Man sieht schon, was ihm in seinem Leben wichtig ist, man erahnt ja geradezu, wie er sein individuelles Lebensgefühl ins Zentrum seines Handelns stellt. Das wäre ja in Ordnung, solange er niemanden auf der Tasche läge, aber in Zeiten der Leistungsverweigerung sollte man sich ergiebiger darum kümmern, aus der Misere herauszukommen. Es ist die kleinste Sorge, ab und zu mal etwas ehrabschneidend behandelt zu werden; wer was leistet, bekommt auch Respekt entgegengebracht – so einfach wäre das.

Dies habe ich ihm so aber nicht mitgeteilt. Ich neige zwar dazu, manchmal zu schimpfen, manchmal unscheinbar zu beleidigen, indem ich dem Kunden Faulheit unterstelle, aber blauäugig bin ich nicht. Würde ich offen erklären, dass seine angebliche Würde in Zeiten des Arbeitslosengeldbezuges zweit- bis drittrangig ist, würde das womöglich einen Sturm der Entrüstung lostreten. Da muß man sich politisch korrekt geben, darf nur Andeutungen machen, die natürlich immer zweideutig bleiben müssen, damit man am Ende doch noch um das Gesagte herumlavieren, sich herauswinden kann. Unterdessen ließ er sich auch gar nicht stoppen, palaverte weiter, ich blickte dabei ungeniert zur Uhr, wollte das Gespräch komplett abbrechen, ihn heimschicken und in drei Tagen nochmals vorladen, aber er dachte nicht daran, sich zu erheben und zu verschwinden. Von Dienstaufsichtsbeschwerde war dann noch die Rede, ebenso von Amtsmissbrauch, er würde es mir so richtig geben, dafür sorgen, dass mein Vorgesetzter von meinem Verhalten Wind bekomme. Auch meinen Telefonfetisch lastete er mir an, weil ich immer anriefe, anstatt, wie es die Erreichbarkeitsanordnung vorschreibe, mich postalisch bei ihm zu melden. Ein ganz schöner Paragraphenreiter, dachte ich mir. Paßt zu ihm, er studiert Gesetze und Vorschriften, obwohl ihm das Studium der Stellenanzeigen besser zu Gesichte stünde – er paßt schon zur lästigen Spezies der Erwerbslosen, kam mir unwillkürlich in den Sinn.

Irgendwann ging er dann doch, nachdem ich die Wogen ein wenig glätten konnte. Ich schob mein Verhalten einfach auf die Grippe, die mich letztens plagte und mich wohl ein klein wenig überreagieren ließ, entschuldigte mich aber nicht ausdrücklich. Wo kämen wir denn da hin, wenn ich mich bei den Bittstellern, die jeden Tag meine adretten Räumlichkeiten besuchen, auch noch entschuldigen müßte? Die können froh sein, dass ich mich ihrer annehme, meinen Beamtenstatus in ihren Diensten stelle, obwohl sie eindeutige Minderleister oder Garnichtsleister sind. Das wäre ja nachgerade der wahrgewordene Furor, der sich auf die deutsche Verwaltungspraxis legen würde, wenn plötzlich jeder Erwerbslose ein solch fehlplatziertes Selbstbewußtsein an den Tag legte, wie eben jener Rüpel, der seinen ungehobelten Geltungsdrang an mir auszutoben gedachte. Der hatte scheinbar Ahnung von Gesetzen; so hat es sich zumindest angehört. Solange aber die Mehrzahl meiner Kunden im Dunkeln tappt und den Anschiss und die Unfreundlichkeit als Bestandteil des Systems begreift, kann ich mich beruhigt zurücklehnen. Da ändert auch die mögliche Dienstaufsichtsbeschwerde nichts daran, die der Typ formlos, fristlos und letztlich fruchtlos einzureichen drohte. Was soll denn schon passieren? Ich habe nur meinen Job gemacht, unkonventionell zwar, vielleicht am Rande legaler Verfahrensweise, ungestüm sicher auch. Aber das diskreditiert mich weniger, als dies jemand wie dieser Nörgler annimmt; im Gegenteil, es zeichnet mich aus, adelt mich. Immerhin zeige ich damit Hartnäckigkeit, Tatendrang, Pflichtbewußtsein. Gut, ich dürfte nicht emotional sein, müßte verbeamtet sachlich bleiben – aber man bleibt halt doch Mensch. Schlussendlich rügt mich mein Vorgesetzter, wenn überhaupt, und notiert sich meine Repressionsqualitäten, die mich für den höheren Dienst prädestinieren.

Da kann man noch soviel von diesem dubiosen Prodi-Kodex reden, am Ende zählt nicht, wie ich Leute in Arbeit bringe, sondern dass ich sie reindrücke. Und wenn es mit harten und repressiven Worten ist, dann ist es eben so. Das trifft viele zartbesaitete Parasiten sicherlich schwer in ihrer Seele, aber darauf kann ich keine Rücksicht nehmen, immerhin bin ich als Beamter angehalten, mich nicht emotional zu betätigen. Solche bleiben dann eben auf der Strecke, da kann man wenig dagegen machen. Nur aus diesem Grund falsche Freundlichkeit walten zu lassen, wäre ein fatales Signal. Mit gutmenschlicher Freundlichkeit kommt man einfach nicht weiter; lieber einmal dazwischengehaut und alles wird gut. Dazu bedarf es aber Kunden, ich wiederhole mich hierbei, die wenig bis gar kein Wissen bezüglich ihrer Rechte haben. Sie müssen davon ausgehen, dass sie nur Pflichten zu erfüllen haben, dass die Erfüllung der Pflichten zum Wohlwollen der Behörde beitrage, womit die Behörde quasi freiwillig und generös soetwas wie Rechte gestattet. Wenn die Mehrzahl meiner Besucher wüßte, dass diese Rechte eigentlich auf einer Höhe mit den Pflichten stehen, dann könnte ich mein Büro absperren, könnte selbst zum Besucher meines dann abgeschlossenen Büros werden. Ich, meine Kollegen, wir stehen hier an der Front, müssen uns der Horden von Nichtstuern erwehren und tun dies nicht nur für uns, sondern für den gesamten fleißigen Teil der Gesellschaft. Man sollte also nicht so zimperlich sein, wenn wir mal derber mit den bequemen Herrschaften umgehen.

Und nun habe ich zu tun, der nächste Kunde sitzt schon vor der Türe, ein ausgewiesener Dummkopf, an dem ich nun auslasse, was der Typ vorher mir an Auslassungen verweigert hat. Ob ich das eventuell als Versagen der Mitwirkungspflicht auslegen kann? Das werde ich nachher nochmal prüfen lassen...