Mittwoch, 22. Juli 2009

Der Spiegelfechter und das Thema: Eat the rich...

Eat The Rich

They say music is the food of love,
Let's see if you are hungry enough,
Take a bite, take another, just like a good boy would,
Get a sweet thing on the side,
Home cooking, homicide,
Side order, could be your daughter,
Fingerlicking good

Come on baby, eat the rich,
Put the bite on the son of a bitch,
Don't mess around, don't give me no switch,
C'mon baby eat the rich
C'mon baby eat the rich

Sittin' here in a restaurant,
Tell the waiter just what you want
Is that the meat, you wanted to eat,
How would you ever know?
Hash browns an' bacon strips,
I love the way that you lick your lips,
No fooling, I can see you drooling,
Feel the hunger grow






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Eat the Rich

22. Juli 2009 von Spiegelfechter - Drucken

Seit´ an Seit´ schreiten seit heute die Linke und das als unternehmerfreundlich geltende Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Für die ungleichen Bettgenossen stellt die Vermögenssteuer ein sinnvolles fiskalisches Instrument zu einer gerechteren Lastenverteilung dar. Doch wer nun denkt, im DIW sei über Nacht der Sozialismus ausgebrochen, der irrt. Nur in Deutschland hat sich die neoliberale Irrlehre, hohe Einkommen und Vermögen zu entlasten, bis heute beharrlich gehalten. Gehören deutsche Ingenieure zur internationalen Avantgarde, sind die deutschen Volkswirte in den 80ern stecken geblieben. Weltweit gilt es unter Top-Ökonomen als Common Sense, dass eine gerechte Besteuerung hoher Einkommen und Vermögen nicht nur zum sozialen Ausgleich beiträgt, sondern gesamtwirtschaftlich durchaus sinnvoll ist.

Leistung wird in Deutschland bestraft. Während der fleißige Facharbeiter für jede Überstunde fürstlich vom Finanzamt abkassiert wird, wird der „Privatier“, der in der Hängematte liegt und Dividenden und Zinserlöse in Millionenhöhe kassiert, pauschal mit 25% Abgeltungssteuer belohnt. Gerecht ist das natürlich nicht, aber wer glaubt schon, dass das Leben gerecht sei? Jahrzehntelang erklärten uns Ökonomen, dass Steuersenkungen sich selbst finanzieren, da die Profiteure der Steuersenkungen mehr investieren und konsumieren, was in der Folgeperiode zu höheren Steuereinnahmen trotz eines geringeren Steuersatzes führt. Diese Vermutung wurde wissenschaftlich mit der Laffer-Kurve begründet, die nach dem neoliberalen Vordenker und Reagan-Berater Art Laffer benannt ist. Eine Grundaussage der Laffer-Kurve ist es, dass jede Steuererhöhung über einen „optimalen Punkt“ hinaus die Steuereinnahmen de facto nicht etwa erhöht, sondern verringert. Laffers Wahrheiten gelten unter den meisten Ökonomen heutzutage jedoch als Mythen, die längst widerlegt sind. Bill Clinton erhöhte die Steuern, und die Steuereinnahmen stiegen, George Bush jr. senkte die Steuern, und die Steuereinnahmen gingen zurück. Heute gelten die massiven Steuersenkungen der Reagan- und Bush-Jahre als Hauptursache für die gigantische Staatsverschuldung der USA.

Ein weiteres „Argument“ der Neoliberalen lässt sich leicht von jedem selbst widerlegen. Nach der neoliberalen Lehre leistet der Mensch mehr, wenn er geringer besteuert wird und dadurch mehr Geld in der Tasche hat. Wer käme aber auf die Idee, freiwillig Überstunden zu machen, einen Nebenjob oder zusätzliche Aufträge anzunehmen, wenn er genügend Geld verdient? Im Gegenteil – wenn die finanziellen Rahmenbedingungen eher mau sind, steigt auch die Bereitschaft, seine Freizeit gegen bezahlte Mehrarbeit einzutauschen. Wobei man sich gesamtwirtschaftlich auch die Frage stellen sollte, ob freiwillige Mehrarbeit in einem Umfeld, in dem Arbeit knapp ist, ein wünschenswertes Ziel darstellen sollte.

Selbst wenn diese simple Logik von FDP- und CDU-Politikern verstanden werden sollte, so heißt es dann gleich, nichts sei flüchtiger als Kapital und eine Vermögenssteuer würde unsere lieben betuchten Mitbürger schnell ins Ausland vertreiben. Nun, dies sollte eine Gesellschaft auch nicht weiter stören, da der Wohnsitz bekanntlich nicht allzu viel mit dem Ort zu tun hat, an dem Investitionen getätigt werden. Auch wenn die Aldi-Brüder ihren Wohnsitz nach Monaco verlagern, so würden sie nicht das kleine Fürstentum mit ihren Discountern beglücken, sondern weiterhin auf dem Markt expandieren, der ihrem Geschäftsumfeld entspricht – dem deutschen. Freilich würde der deutsche Staat in einem solchen Fall von Milliardärsflucht dann keine Vermögenssteuer kassieren können – aber das tut er ja momentan auch nicht, womit der „Verlust“ sicher zu verkraften wäre.

Hätten die Vermögenssteuergegner mit ihren Fluchtargumenten recht, so müsste es in Deutschland nur so von ausländischen Milliardären wimmeln. Schließlich erhebt Deutschland neben Mexiko, der Slowakei, Tschechien, Ungarn und Österreich als einziger OECD-Staat keine Vermögenssteuer. Die Horden von amerikanischen, britischen, französischen und italienischen Milliardären sind an den Küsten des Starnberger Sees und in Baden-Baden aber bislang noch nicht gesichtet worden – irgendetwas an der Fluchtthese scheint demnach nicht zu stimmen.

Jeder Euro kann nur einmal ausgegeben werden. Konsum gilt Ökonomen als goldener Weg zum Wirtschaftswachstum und zum allgemeinen Wohlstand. Weder Finanzspekulationen, wie in den USA und Großbritannien, noch das Anhäufen von Exportüberschüssen als Selbstzweck, wie in Deutschland und China, haben einen nachhaltigen Effekt auf den allgemeinen Wohlstand der Nationen – im Gegenteil, Exportüberschüsse sind eigentlich Importdefizite und somit ein Zeichen von zu geringen Löhnen, und Finanzspekulationen tragen bestenfalls zur Vermögensvermehrung der Eliten bei, während das normale Volk diese Renditen erwirtschaften muss. Wer die Wirtschaft ankurbeln und somit auch mittel- bis langfristig die Steuereinnahmen sichern will, muss dafür sorgen, dass möglichst viel verkonsumiert wird. Mit steigendem Einkommen und steigendem Vermögen sinkt jedoch die Konsum- und steigt die Sparquote. Die alte Weisheit, nach der Sparvermögen zu Investitionen in der Realwirtschaft führen, darf ebenfalls als Mythos abgetan werden. Wenn zu wenig Menschen konsumieren und die Märkte gesättigt sind, investiert auch niemand. Der Spargroschen landet so direkt und indirekt im Kasino, die Folgen dürfen als bekannt vorausgesetzt werden.

Wenn der Staat über eine Vermögenssteuer den Reichen Geld nimmt, so verschwindet dieses Geld nicht in einem schwarzen Loch. Der Gesetzgeber könnte beispielsweise entscheiden, dass man jeden Steuergroschen, der über die Vermögenssteuer eingenommen wird, nicht mehr über die Besteuerung kleiner und mittlerer Einkommen einnehmen muss, und daher die Einkommenssteuer im unteren Sektor zu kürzen. Ein großer Teil dieser „Steuergeschenke“ würde verkonsumiert werden, was volkswirtschaftlich sehr sinnvoll wäre. Da der Staat aufgrund der gigantischen Verschuldung aber kaum Spielraum hat, um die Mehreinnahmen durch eine Vermögenssteuer aufkommensneutral an anderer Stelle zu erlassen, ist es wahrscheinlicher, dass mit diesem Geld Ausgaben getätigt werden könnten, die ansonsten zusammengestrichen werden müssten. Egal wohin dieses Geld geht, es ist sicher gesamtwirtschaftlich besser investiert als jeder Euro, den ein Wohlhabender zur freien Verfügung hat. Der Staat gibt sein Geld nicht an Hedge-Fonds oder Investmentbanken, die damit im Finanzkasino zocken. Er investiert es – im Idealfall – in Bildung, Infrastruktur und Soziales. Damit erreicht das Geld beispielsweise den Lehrer oder Sozialarbeiter als Lohn oder den Handwerker als Auftrag. Diese Empfänger werden einerseits selbst besteuert und verkonsumieren das zusätzliche Geld andererseits. Gesamtwirtschaftlich ist dies zweifelsohne wünschenswert.

Linke und Grüne, die für eine Vermögenssteuer eintreten, sind somit nicht etwa revolutionäre Sozialromantiker, sondern kluge Volkswirte, die in diesem Punkt mit den meisten Top-Ökonomen einer Meinung sind. Es ist erfreulich, dass mit dem DIW nun auch das erste deutsche Wirtschaftsforschungsinstitut aus dem Chor der neoliberalen Schreihälse ausschert. CDU und FDP werden bald in Erklärungsnot kommen, wenn sie sich nicht zügig von den Dogmen lossagen, die das Land nun schon so lange beschädigt haben. Gesamtwirtschaftliches Denken ist gar nicht so schwer. Wer allerdings Tag für Tag mit Vertretern der Wirtschaft zusammensitzt, denen gesamtwirtschaftliches Denken naturgemäß fremd ist, der verliert schon mal schnell den Überblick.

Jens Berger


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