Dienstag, 2. Dezember 2008

Israel und die anderen - zwei Berichte der besonderen Art

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Tuesday, 02 December 2008
Das Regime für Reinheit der Rasse PDF Print E-mail
Written by Anon.
Thursday, 17 February 2005
"Warum willst Du diesem dreckigen Araber ein Kind zur Welt bringen?! Wenn Du es nicht abtreibst, wirst Du ein kleines PLO-Mitglied großziehen! Warum willst Du einen PLO-Mann in die Welt setzen? Du bist eine von uns, eine jüdische Frau! Wenn Du für keine Fehlgeburt sorgst und den Dreckskerl nicht verläßt, werde ich Dich hinter Gitter bringen, und da wirst Du mal erleben, was ich alles mit Dir machen kann. Ich werd' Dir das Abtreiben schon beibringen!" Stellvertretenden Militärgouverneurs von Hebron (im besetzten Cisjordanien), Major Noni
DAS REGIME FÜR REINHEIT DER RASSE*

* Übersetzung aus HAOLAM HAZEH, 14. Juni 1978. Der hebräische Titel Lautet: "Hamimschal Lema'an tohar hageza". Ein Autor ist, wie bei Nachrichtenmagazinen üblich, nicht angegeben.

"Warum willst Du diesem dreckigen Araber ein Kind zur Welt bringen?! Wenn Du es nicht abtreibst, wirst Du ein kleines PLO-Mitglied großziehen! Warum willst Du einen PLO-Mann in die Welt setzen? Du bist eine von uns, eine jüdische Frau! Wenn Du für keine Fehlgeburt sorgst und den Dreckskerl nicht verläßt, werde ich Dich hinter Gitter bringen, und da wirst Du mal erleben, was ich alles mit Dir machen kann. Ich werd' Dir das Abtreiben schon beibringen!"

Das waren, so berichtet uns Daniela-Amin el-Kissije, die, Worte des stellvertretenden Militärgouverneurs von Hebron (im besetzten Cisjordanien), Major Noni. Der Ort der Handlung: Hebron, im Gebäude der Militärregierung.

Der "dreckige Araber" ist ihr Mann, Hassan el-Kissije aus dem Dorf Daharija an der Straße von Hebron nach Beer Scheva.

"Es interessierte den Gouverneur, Colonel Moris Biton, und seinen Stellvertreter, Major Noni, nicht im geringsten, daß sie da von meinem Mann sprachen, den ich liebe und den ich geheiratet habe, obwohl ich wußte, daß ich Schwierigkeiten bekommen würde", sagt Daniela. "Es interessierte sie nicht, daß ich zum Islam übergetreten bin und gar keine Jüdin mehr bin. Es ging ihnen nur darum, daß eine ehemalige Jüdin, von ihrer höheren Rasse, einen Araber geheiratet hat und auch noch Kinder haben möchte. Es ist ihnen gleichgültig, daß es ihnen ihre eigene Religion verbietet, ein Kind abzutreiben, und daß das für eine Frau gefährlich ist. Und überhaupt: Wie können Sie eine Frau, die ihren Mann liebt, zwingen, ihr ungeborenes Kind zu ermorden? Nur die Nazis haben so etwas gemacht."

Diese unglaubliche Geschichte von israelischen Offizieren und Bürgern aus der Umgebung der Militärbehörde in Hebron, die Daniela-Amin und ihren Mann Hassan in die Enge zu treiben versuchten, einzig und allein, weil sie sich unterstanden hatten, eine Mischehe zu schließen, hatte begonnen, lange bevor Daniela und Hassan sich kennenlernten. Daniela, ein hübsches Mädchen mit schwarzen Haaren, ein typisches jüdisches Jemeniten-Mädchen, stammt aus Kirjat Ekron in der Nähe von Rehovot. Sie wurde in sehr jungen Jahren auf Betreiben ihrer Eltern mit einem älteren Mann verheiratet, einem Witwer und Vater von fünf Kindern.

Nach einigen Monaten spielte sie nicht mehr mit: "Ich sehe nicht ein, weshalb ich mit diesem alten Mann leben soll", und sie verlangte die Scheidung, trotz aller Vorhaltungen ihrer Familie und der ihres Mannes. Aber sie stellte sehr bald fest, daß es nach dem Jüdischen Religionsgesetz nicht einfach ist, eine Scheidung zu erwirken, wenn die eine Seite nicht einverstanden ist. Ihr Mann stimmte der Trennung nicht zu, und sie begriff, daß sie ohne einen drastischen Schritt für noch viele Jahre seine Frau sein würde.

Obwohl Daniela aus einem strengen, traditionellen Elternhaus stammt, ist sie ein typisches israelisches Mädchen, voller Leben und mit einer eigenen Meinung. Als jemand im Scherz zu ihr sagte: "Konvertiere doch zum Islam, dann werden Dich die Rabbis sofort scheiden", machte sie sich ohne Umschweife auf den Weg zum Schari'a Gericht in Jaffa und konvertierte. Ja, und die Scheidung bekam sie nachgeliefert.

Moslem zu werden bedeutete für Daniela nichts. Das war ein Notbehelf, um die Scheidung zu erlangen, und weiter nichts. Sie betrachtete sich im übrigen weiterhin als Jüdin. "Ich war niemals religiös, obwohl meine Eltern es sind", sagte sie. "Es ist mir gleichgültig, ob ich jüdisch, muslimisch oder christlich bin, das ist alles eins."

Nach der Scheidung wurde Daniela, die heute 25 ist, klar, daß sie nicht in ihrem Elternhaus leben konnte. Sie ging also in den Süden des Landes, in die Gegend des Toten Meeres, und arbeitete bei der Telephonvermittlung im Hotel Ganai-Schulamit. Ganz in der Nähe, im Hotel Ein Bokek, war Hassan el-Kissije aus Daharija beschäftigt. Hassan, der heute 23 ist, arbeitete seit 4 Jahren in diesem Hotel und gehörte zu den festen Angestellten. Er galt als guter und zuverlässiger Arbeiter und hatte es vom Bellboy zum Aufseher über die Hotelwäsche und die Zimmerreinigung gebracht. Er verdiente gut.

Für die Hotelangestellten in dieser Gegend, weitab von allen Städten, ist der Strand des Toten Meeres der Treffpunkt in ihrer Freizeit, und dort lernten sich die beiden kennen. Und es passierte ihnen, was Millionen von jungen Paaren überall auf der Welt passiert: Sie verliebten sich und wußten nicht, daß sie sich besser nicht lieben sollten, denn Hassan war als Moslem geboren und Daniela als Jüdin.

Als sie einige Monate danach beschlossen zu heiraten, glaubten sie, daß jeder ihnen das Glück gönnen würde. Hassans Eltern hatten zuerst Bedenken: "Wozu brauchst Du das, Du wirst mit den Behörden Schwierigkeiten bekommen", sagte ihm sein 75 Jahre alter Vater. Aber Hassan war entschlossen: "Ich liebe sie, sie ist alles in meinem Leben, und was kümmern mich die Behörden." Noch heute besteht Hassan darauf, daß er tief in seinem Herzen überzeugt war, daß niemand ihm Schwierigkeiten wegen seiner Liebe machen werde. Der Vater war schließlich überzeugt und mit ihm die ganze Familie, ja das ganze Dorf Daharija. "Die Hochzeitsfeier, die das Dorf uns bereitete, war die schönste, die es in Daharija je gegeben hat. Das ganze Dorf war da, mitsamt den Notabeln von Hebron. Das ging die ganze Nacht. Es war die schönste Hochzeit, die man sich denken kann. Alle waren glücklich. Wirklich glücklich. Und ich hatte das Gefühl, daß alle Glückwünsche aus dem Herzen kamen. Es war keine der üblichen israelischen Hochzeiten, ich meine in einem Saal, mit den Geflügelspeisen und den Leberschnitten, wie die Hochzeiten in Rehovot, nein, sie war mitten im Dorf, sehr einfach, aufrichtig und wundervoll", erzählte mir Daniela diese Woche.

Aber nicht alle kamen. Die Freunde und Arbeitgeber von Hassan und Daniela (die ihren Namen in Amin abänderte) aus den Hotels, wo sie gearbeitet hatten, kamen nicht. "Wir haben sie eingeladen, und sie haben zugesagt, aber sie kamen nicht", erzählt Hassan. "Ich begriff das erst ein paar Wochen später." Auch die Familie der Braut kam nicht. "Zur Hochzeit kam niemand, aber ein paar Tage später kam meine Schwester mit einem Taxi aus Rehovot und veranstaltete im Dorf, in der Nähe unseres Hauses, einen Skandal. Warum ich einen Araber geheiratet habe. Wir mußten die Polizei holen, die sie zur Vernunft brachte und verwarnte", sagt Daniela.

Aber das eigentliche Hochzeitsgeschenk, wie die beiden das nennen, bekamen sie acht Tage nach der Trauung von der Militärpolizei und den Militärbehörden in Hebron.

Hassan erzählt:

"Wir wohnen im Haus meiner Eltern. Sie gaben uns eines ihrer Zimmer. Ungefähr eine Woche nach der Trauung kam die Polizei, morgens um vier Uhr. Einer der Polizisten wies sich als David Atar aus, aber ich bin sicher, daß dies nicht sein richtiger Name war. Er nahm uns beide mit aufs Polizeirevier, wo wir bis acht Uhr warten mußten. Dann kam ein Mann namens Abu-Nur, und als ich hörte, was er zu sagen hatte, begann ich zu ahnen, was uns für die Zukunft bevorsteht."

Daniela-Amin erzählt die Geschichte von jenem frühen Morgen weiter: "Hassan mußte draußen warten, während sie mich bearbeiteten. Abu-Nur schrie mich an: 'Hast Du nichts besseres zu tun, als einen arabischen Abschaum zu heiraten?' In diesem Stil ging es weiter, bis sie mich gehen ließen."

"Ich stand noch völlig im Schock der Ereignisse am Morgen, als gegen zehn Uhr abends Soldaten kamen. Sie weckten die ganze Nachbarschaft mit ihrem Lärm auf und brachen in unser Haus ein. Wir waren schon im Bett, und sie sagten, wir hätten morgen früh vor dem Militärgouverneur zu erscheinen. Wir gingen hin. Zuerst wurden wir zum Stellvertreter des Militärgouverneurs geschickt, ein großer Mann mit weißen Haaren namens Noni. Er schrie mich sofort an: 'Willst Du ein PLO-Kind haben? Wenn ich möchte, kann ich mit Dir eine Abtreibung veranstalten! Wen hast Du da geheiratet, einen dreckigen Araber? Abschaum? Aber Du bist ja selber eine Hure. Für mich gibt's Araber nur im Krieg. Entweder wir werden Dich erledigen oder ihn!' Währenddessen war Hassan draußen. Er durfte nicht herein."

"Dann kam der Militärgouverneur selbst, Colonel Biton. Er behandelte mich ganz genauso: 'Deine Eltern waren bei mir. Sie sind bereit, Dich wieder aufzunehmen, wenn Du den Araber fahren läßt und zu Deinem früheren Mann zurückkehrst! Was zieht Dich denn so an? Das Bett? Versteht ein Araber, wie man bei einem Mädchen liegt? Er wird ein anderes nehmen. Die Juden sind eine stolze Nation. Man heiratet keinen Araber. Ich werde ihn 40 oder 50 Tage ins Gefängnis stecken, und Dich laß ich nicht in Ruhe! Aber wenn Du vernünftig wirst, kannst Du in zwei Tagen wieder kommen, Dein früherer Mann wird dasein, Du gehst zu ihm zurück und die ganze Sache ist vergessen.' Ich konnte ihm nur sagen, daß ich Hassan liebe, und daß es für mich keinen Unterschied macht, daß er ein Araber ist. Aber sie hörten mir gar nicht zu. Das war für sie kein Argument. Schließlich ließen sie mich gehen, und ich dachte, daß jetzt der Alptraum ein Ende hat."

Aber drei Tage später merkte das junge Paar, daß der Alptraum erst begonnen hatte. Vor ihrem Haus in Daharija hielt ein Polizeiauto, und sie wurden zum örtlichen Polizeirevier abgeholt. Der dortige Beamte wies sich als Dayan aus und eröffnete Daniela-Amin: "Ich werde Anklage wegen illegalen Aufenthalts in der Westbank erheben lassen." Zu ihrem Erstaunen erfuhr Daniela, daß es für Israelis gesetzlich verboten ist, sich ohne Erlaubnis länger als 48 Stunden in der Westbank aufzuhalten. Und das traf für sie zu, trotz der Tatsache, daß sie bei ihrem Mann und in dessen Haus wohnte.

Amin und Hassan wandten sich sofort an die Vertretung des israelischen Innenministeriums in Hebron, und Amin stellte unter Verzicht auf die israelische Staatsbürgerschaft den Antrag auf einen Personalausweis als Bewohner der Westbank. Die Beamten wunderten sich, und es wurde Noni, der Vice-Gouverneur, hinzugezogen. In Gegenwart eines jungen Angestellten namens Baruch wurde Amin ein weiteres Mai von Noni angeschrien: "Ich werde Dir das Abtreiben schon beibringen! Ich werde Dich hinter Gitter bringen, und da wirst Du schon sehen, was ich alles mit Dir machen kann!" Und Baruch fügte hinzu: "Jeder Araber ist unser Feind, und auch Dein Feind! Wenn Du einen Araber geheiratet hast und Dich nicht von ihm trennst, und ihm ein Kind zur Welt bringst, dann bist auch Du unser Feind und gehörst umgelegt wie alle!"

"Es war mein Unglück", sagt Daniela-Amin, "daß dies am Tag nach dem Terroristenüberfall auf den Omnibus auf der Küstenstraße nach Tel Aviv war. An diesem Tag fühlten sich alle als Kämpfer. Ihr ganzer Zorn über das Geschehen beim Country-Club richtete sich gegen mich. Plötzlich war ich der Feind, nicht die Terroristen."

[Zu dem erwähnten Terroristenüberfall auf der Küstenstraße von Tel Aviv (11. März 1978) vergl. Spehl: Spätfolgen einer Kleinbürgerinitiative, Band 2. Freiburg 1979. Anm. 44].

Als sich Noni etwas beruhigt hatte, versuchte er "ernsthaft" mit Daniela-Amin zu reden. "Ich besorge Dir innerhalb eines Tages einen Mann. Einen jüdischen Mann. Also laß doch einfach diesen Drecks-Araber fahren!"

Und wieder wollte er Amins Beteuerung, daß sie ihren Mann liebt, nicht hören. Das war für ihn kein Argument. Der israelische Personalausweis wurde ihr abgenommen, und einen neuen hat sie bis heute nicht bekommen.

"Sie haben mir nicht einmal eine Bescheinigung gegeben, daß sie meine Papiere einbehalten haben", sagt sie, "und jetzt kann mich jeder Polizist festnehmen, weil ich keinen Ausweis habe. Noni sagte sogar: 'Ich werde Dir niemals einen Westbank-Ausweis geben'."

Seit diesem Tag kamen sie mindestens zweimal pro Woche in Hassans und Amins Haus. "Wir gingen immer in großer Angst schlafen", sagen sie, "wir legten uns mit den Kleidern ins Bett, damit sie uns, wenn sie mitten in der Nacht kamen, nicht ohne Kleider überraschen konnten. Und wenn wir ein Auto in der Hauptstraße hörten, waren es fast immer Soldaten. Wir konnten sie von weitem hören, wie sie bei verschiedenen Häusern an die Türen klopften und herumbrüllten: 'Wo wohnt diese Jüdin?' Und wenn sie an unsere Türe klopften, schrien sie so laut, daß die ganze Nachbarschaft aufwachte. Wenn wir öffneten, verlangten sie Papiere zu sehen, beschimpften uns und gingen wieder. Ich bin sicher, daß diese Besuche bei dem 'Araber, der eine Jüdin hat', zu ihrem Hauptvergnügen geworden waren."

Es scheint, daß vor einem Monat die Soldaten zu weit gingen. Hassan berichtet:

"Ich hörte mitten in der Nacht laute Stimmen aus dem Nachbarhaus. Sie schlugen an die Türe und sagten: 'Wir legen Dich um, wenn Du uns nicht sofort zu diesem Hassan bringst, der eine Jüdin hat'. Man zeigte ihnen unser Haus und sie erbrachen die Türe. Mein Vater war krank. Er hatte Lungenentzündung. Er ist ein alter Mann, 75 Jahre alt. Sie schrien ihn an: Wo ist Hassan, wo ist Hassan?, und noch bevor er antworten konnte, schlugen sie auf meinen Vater ein. Mein Bruder glaubte, sie seien gekommen, um mich umzubringen. Sie brüllten herum, daß sie das Haus in die Luft jagen werden, daß sie den Befehl dazu hätten. Als sie dann wissen wollten, was im Nebenraum sei, antwortete mein Bruder: 'Da ist nichts, nur eine Vorratskammer'. Sie brachen die Türe auf und fanden mich und Amin. Ein Offizier namens Salman sagte zu mir: 'Jammerschade, daß wir die Türe nicht mit ein paar Schüssen geöffnet haben; es wäre doch zu schön gewesen, wenn wir Dich und diese jüdische Hure erschossen hätten!' Zunächst einmal verhafteten sie meinen Bruder, weil er gelogen hatte. Dann wollten sie auch meinen Vater mitnehmen, aber ich flehte sie an, ihn in Ruhe zu lassen, weil er krank war. Es hätte ihn umbringen können. Und erst als sich die Aufregung etwas gelegt hatte, erfuhren wir, weshalb sie gekommen waren: Daniela-Amins Bruder sei dessertiert und sie würden ihn bei uns suchen. Das stimmte natürlich nicht. Erstens war ihr Bruder gar nicht dessertiert, und zweitens kannten sie die Beziehungen zwischen Daniela und ihrer Familie so gut wie wir. Niemand von der Familie würde zu uns kommen. Sie nahmen meinen Bruder mit. Am anderen Tag forschte ich nach, was sie mit ihm gemacht hatten. Sie hatten ihn die ganze Nacht im Freien liegen lassen. Es war eine sehr kalte Nacht. Als sie mich sahen, redeten sie davon, uns beide ins Gefängnis zu werfen. Ich mußte zur Strafe dann einige Stunden neben der Türe stehen. Erst am Nachmittag ließen sie uns gehen."

"Zuhause stellte sich heraus, daß der Militärgouverneur doch noch recht bekommen hatte. Die Aufregung der Nacht war zu viel gewesen für Daniela, sie hatte ihr Kind verloren. Major Noni kann zufrieden sein. Er kann die Abtreibung eines Kindes verbuchen, das einer ehemals jüdischen Mutter und einem muslimischen Vater geboren werden sollte."

Offenbar brachte der Verlust des Kindes das Maß zum Überlaufen. Hassan ging nach Jerusalem und erzählte der Rechtsanwältin Felicia Langer seine Geschichte. Frau Langer schrieb unverzüglich einen Brief an Verteidigungsminister Ezer Weizman. Nach der Darlegung der Einzelheiten des Falles fügte sie hinzu:

"Das Verhalten der Untergebenen des Militärgouverneurs stellt einen schweren Verstoß gegen die Bürgerrechte und die Religionsfreiheit dar. Hinzu kommt eine gewalttätige Einmischung in die Privatsphäre eines Mannes und einer Frau. Liebesaffären fallen nirgendwo in den Geschäftsbereich von Militärgouverneuren und Polizisten. Es ist wohl nicht nötig, darauf hinzuweisen, daß dieses Verhalten gegen die Genfer Konvention verstößt und mit keinerlei Kriterien zu rechtfertigen ist."

Weder das Paar noch Frau Langer haben vom Verteidigungsminister, abgesehen von einer Empfangsbestätigung, eine Antwort erhalten. Aber das Paar bestätigt, daß es vom Tag des Eingangs des Schreibens an nicht mehr belästigt worden ist.

Das Redaktionsbüro von HAOLAM HAZEH hat sich an den Armeesprecher mit der Bitte um Genehmigung zu einem Gespräch mit jenen Vertretern der Militärbehörde gewandt, deren Namen im Zusammenhang mit dieser Affäre genannt wurden, und gegen die Hassan und Amin Beschuldigungen erhoben haben, die Assoziationen an die Zeit des Zweiten Weltkrieges hervorrufen. Das Schreiben blieb ohne Antwort. Der Armeesprecher hat innerhalb der vergangenen drei Wochen weder abschlägig noch zustimmend reagiert.
Der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Dani Weinreich, der vom Redaktionsbüro um eine Stellungnahme gebeten wurde, sagte unserem Reporter: "Uns ist bekannt, daß Sie sich in dieser Angelegenheit an den Armeesprecher gewandt haben. Die ganze Sache liegt bei ihm, und das ist alles, was ich Ihnen dazu sagen kann."

Soweit uns bekannt ist, sind die erwähnten Offiziere nach wie vor in ihren Ämtern tätig und es wurden keinerlei Schritte gegen sie unternommen. Auch gegen andere Soldaten oder Offiziere wurde nichts unternommen.

Hassan und Amin sind nicht an Rache oder Bestrafung interessiert - letzteres sollte eigentlich im Interesse der Armee liegen. Das Paar wünscht nichts weiter, als daß Amin mit ihrem Mann zusammen in dessen Dorf leben kann, und daß sie einen Ausweis als Einwohner der Westbank erhält.

Amin und Hassan wollen niemand gerichtlich belangen, auch ihre früheren Arbeitgeber nicht. "Wir wurden entlassen, und ich habe nicht einmal eine Abfindung bekommen, obwohl ich fest angestellt war und dort vier Jahre gearbeitet habe", sagt Hassan. "Ich bin gegenwärtig ohne Arbeit, und wir leben von meinen Ersparnissen. Aber mit Gottes Hilfe werde ich schon Arbeit finden. Das ist nicht so wichtig. Wichtig ist nur, daß man meine Frau in Ruhe läßt. Ich möchte nicht, daß man sie belästigt, nur weil sie mich geheiratet hat, und ich möchte nicht, daß man meine Familie belästigt, bloß weil da ein Sohn die schreckliche Tat begangen hat, die Frau, die er liebt, zu heiraten." [Kommentar]

Last Updated ( Friday, 04 March 2005 )



Tuesday, 02 December 2008
Der Kindermarkt an der Aschkelon-Kreuzung PDF Print E-mail
Written by Amos Elon
Wednesday, 16 February 2005
Aschkelon-Kreuzung, nahe der Grenze zum Gaza-Streifen, 3.50 Uhr morgens...Menschen kriechen hervor, wie Sardinen aus einer Sardinendose, und verlieren sich in der Dunkelheit...Die Menge schreit: "Meister", "Arbeit", "Ich gut Arbeit". Der Meister erhebt sich. Der Meister sagt etwas. Jetzt warten hier 200 Menschen. 400 Arbeitshände. Und 40 Kinder. 40 Paar Arbeiterhände...
DER KINDERMARKT AN DER ASCHKELON-KREUZUNG

Von Amos Elon*
* Übersetzung aus HA'ARETZ, 2. August 1978. Amos Elon, 1926 In Wien geboren, gehört zu den bekannteren Israelischen Schriftstellern.

Aschkelon-Kreuzung, nahe der Grenze zum Gaza-Streifen, 3.50 Uhr morgens. Die schwarzen Felder werden von einer einzigen Lampe beleuchtet. Ein beladener Lastwagen blockiert den Zugang zur Tankstelle. Man hört Autos hupen. Ein Geräusch in der Dunkelheit. Eine kleine Kolonne von schäbigen Lieferwagen zwängt sich mühsam heran. Die zerbeulten Wagen halten einen Moment an, dann kehren sie um. Sie kommen nicht etwa, um Benzin zu tanken. Die Tankstelle ist geschlossen. Sie kommen, um Menschenware abzuladen. Menschen kriechen hervor, wie Sardinen aus einer Sardinendose, und verlieren sich in der Dunkelheit. Die schäbigen Autos haben in den sechziger Jahren sicher bessere Zeiten gesehen. Die Passagiere wohl nicht. 20, 25 in jedem Wagen. Sie haben es eilig. In dem spärlichen Licht sehen sie bleich und krank aus. Jeder hat eine Plastiktüte, sie kleben daran wie Babys an ihren Windeln. Jetzt stehen 60 Männer, ein paar Frauen und Kinder im Alter von 12, 13, 14 Jahren auf dem Platz vor der Tankstelle. Vorläufig nur ein Dutzend Kinder. Die Männer lehnen an den verschlossenen Türen des Tankstellen-Restaurants. Die Frauen sind in der Ecke wie in einem Paket aus Köpfen und Tüchern zusammengepackt. Die Kinder streichen um die Zapfstellen. Sie spielen damit und gähnen. Sie kommen aus Gaza, aus Khan-Junis, aus Rafiach. Alle aus dem Gaza-Streifen. Man spürt den Geruch, von schwerem Öl in der Luft. Von Westen her hört man einen fernen Ton, wie von einem Schiffshorn in stürmischer See.

Um 4.05 Uhr beginnt sich der Himmel aufzuhellen. Um 4.20 Uhr erscheinen die Hügel in rötliches Licht getaucht. Um 4.50 Uhr geht die Sonne auf. Jetzt warten hier 200 Menschen. 400 Arbeitshände. Und 40 Kinder. 40 Paar Arbeiterhände. Die Tankstelle ist noch immer geschlossen. Hinter den Baumwollfeldern kann man die Nylonplanen über den Rosen des Lachisch-Gebietes sehen. Ein Jeep nähert sich von Norden her in viel zu hohem Tempo (aber hier gibt es keine Polizisten) und stoppt bei den Dieselpumpen.

Die Menge drängt sich um den Jeep. Der Kopf des Fahrers taucht aus der bewegten Menge auf. Die Menge schreit: "Meister", "Arbeit", "Ich gut Arbeit". Der Meister erhebt sich. Der Meister sagt etwas. Aus der Entfernung sind seine Worte nicht zu verstehen. Vier Männer klettern auf die Rücksitze des Jeeps. "Nimm mich, Meister, ich 60 Israelische Pfund". Der Meister fährt los. Die Menge springt auf die Seite. An der nächsten Kreuzung schlägt der Jeep die Richtung zum Lachisch-Gebiet ein.

Die Kinder bleiben abseits stehen. Sie sind folgsamer als ihre Väter. Sie sind wie ein bißchen Dreck an den Schuhen des strengen Ra'is, der zwischen ihnen und den Arbeitgebern vermittelt. Ein kleiner Lastwagen kommt. Ein junger Farmer wünscht 15 Paar Arbeitshände für die Zwiebelernte. 50 Israelische Pfund für den Tag. 40, sagt der Ra'is. Der Farmer sagt: 40. Die Kinder werden 35 bekommen. Die Kinder klettern in den Lastwagen. Der Fahrer hantiert derweil mit einer Kette.

"Du beschäftigst Kinder?"
"Sie sind stark und gesund. Sie wollen arbeiten."
"Sie sehen nur so aus."
- - -
"Du zahlst 40 Israelische Pfund?"
"Würde man ihnen in Kairo etwa mehr bezahlen?"
"Es ist gesetzwidrig."
"Willst Du, daß sie hungern?"

Der Mann nimmt eine Thermosflasche aus der Tasche. Er wiederholt noch einmal, was er eben gesagt hat: "Also was willst Du? Willst Du sie hungern lassen?"

Einen Augenblick lang hat man den Eindruck, daß der Mann davon überzeugt ist, recht zu haben. Er nimmt einen Schluck aus der Flasche. Er geht zum Fahrersitz. Gibt Gas. Sein Ziel ist eine reiche Siedlung in der Gegend. Eine der reichsten. Der Gewinn aus einem Dunam Treibhausanbau dürfte 300 000 Israelische Pfund pro Jahr betragen. "Ihr Land ist voll Silber und Gold." "Sie sind Tagewähler wie die Philister und hängen sich an die Kinder der Fremden." (Jesaja 2, 6-7).

Um 6.00 Uhr kommt Oded Ramati, der Besitzer der Tankstelle. Inzwischen stehen ungefähr 300 Menschen in dem großen Asphalt-Geviert um die Tankstelle. Ich schaue mir Mr. Ramati an; er macht einen guten Eindruck. Er ist gut gewachsen, kräftig. Er stammt aus einer prosperierenden Siedlung in Israel. Er war dort Traktorist. Das Geschäft hier, sagt er, ist eine Goldgrube. Welches Geschäft? Die Tankstelle und das Restaurant. Jeden Tag essen hier 300 Personen. Mr. Ramati ist verärgert. Es ist ein Skandal. Ein richtiger Skandal. Jeden Morgen von 3.30 Uhr bis 8.00 Uhr diese Sauerei. Geschrei, Balgereien, Messer. Letzte Woche eine Blutlache auf dem Asphalt.

"Sind immer so viele Kinder da?"
"Immer."
"Nur im Sommer? Oder auch im Winter?"
"Das ganze Jahr."
"Gehen sie nicht zur Schule?"
"Was, Schule? Das sind Idioten."
"Zu 40 Israelischen Pfund."
"Was können d i e schon brauchen. Bohnen für 2 Pfund und einen Happen Brot, und fertig für den Tag."
Was also ist das Problem? Das Problem ist, daß man sie nicht vertreibt, an einen anderen Ort. "Seit über einem Jahr bin ich hinterher. Ich habe zwanzigmal die Polizei angerufen, man soll sie wegjagen. Sie schädigen mich. Es gibt Fahrer, die meine Tankstelle meiden. Sie fürchten sich vor Handgranaten. Zwanzigmal habe ich verlangt, sie sollen eine Michla'a einrichten. [Michla'a: Ein mit Stacheldraht umzäunter Platz] Anderswo, nicht bei meiner Tankstelle. Es hilft alles nichts."

Es kommen immer mehr Lieferwagen und Lastautos von den umliegenden Siedlungen. Die Menge rennt ihnen nach, will Arbeit. Pallaver. Die Autos blockieren die Zufahrt zur Tankstelle. Um 6.40 Uhr platzt Oded Ramati der Kragen. Er hat das Bedürfnis, etwas zu tun, sofort. "Gesindel", schreit er, "weg mit euch!" Sie rühren sich nicht. Oded Ramati nimmt einen Wasserschlauch und spritzt. Die Menge weicht zurück wie ein Rudel begossener Hunde. Aber nicht mehr als 10 Meter. Am anderen Ende der Tankstelle klettern ein Dutzend Buben, vielleicht 13 Jahre alt, in einen Lieferwagen. Auf dem Auto steht: "Misch'anim Institut". Dieser Wagen ist heute schon zum zweiten Mal hier. Der Fahrer sagt: "Ja, es ist widerlich. Wirklich widerlich. Aber sie müssen auch leben." Und es ist widerlich, ihn zu fragen, ob er Kinder hat. Denn wo ist der Zusammenhang?

Um 7.30 Uhr ist der Platz fast leer. Noch etwa 25 Kinder tollen umher. Die meisten sind 12 bis 14 . Eines ist sehr klein. Höchstens 8 Jahre alt.

"Wo kommst Du her?"
"Aus Khan-Junis."
"Gehst Du zur Schule?"
"Nein."

Ein netter, schwarzer Junge. Ist das Kind in Ordnung? Man wird sagen müssen: Ja. Wie wir und unsere Kinder. Sehen wir in ihm den künftigen Menschen? Das Kind wird heranwachsen und uns dies mit Handgranaten heimzahlen.
Keine Spur von einem Beamten des israelischen Arbeitsministeriums zu sehen. Es gibt eine Menge Gesetze. Arbeitsgesetz: "Es dürfen nur ... ". Jugendschutzgesetz, 1953: "Kinder unter 16 Jahren dürfen nicht eingestellt werden." Klar formuliert. Wer gegen dieses Gesetz verstößt, macht sich strafbar. Aber weit und breit kein Polizist. Ramati sagt, daß er in den vergangenen 18 Monaten nicht einen einzigen Polizisten hier gesehen hat.

Um 7.45 Uhr kommt ein weiterer Lieferwagen aus Richtung Gaza, vollgepackt mit Männern und Kindern. Aber weil es schon so spit ist, werden die Männer keine 60 Pfund mehr bekommen. Oded Ramati verliert den Rest seiner Geduld. Er rennt auf den Platz, zieht einen Revolver und schießt dreimal in die Luft. Niemand regt sich. Sie kennen diese Schau. Sie sagen, daß dies jede Woche zweimal passiert. Der Wasserschlauch war wirkunsvoller. Ramati geht zur Tankstelle zurück. Zwei offizielle Herren mit sauber gestärkten Hemden warten hinter der Windschutzscheibe ihres klimatisierten Wagens auf Benzin.

Am folgenden Tag telephoniere ich mit einem Experten vom israelischen Arbeitsministerium in Tel Aviv. "Also wenn ich ehrlich sein soll", sagt der Mann, "für uns ist das eine Randerscheinung." [Kommentar]

Last Updated ( Friday, 04 March 2005 )


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