Kaum tauche ich aus Krankheit und Genesung wieder auf, sind die neuen Runden im Überwachungswahn eingeläutet. Waffenkontrollen zu Hause, unverhofft - Kinderpornos sperren - wobei ich mich frage, was das nun wieder mit Ego-Shootern, bondagierten Frauen, und Horrorfilmen auf dem PC eines Amokläufers zu tun haben soll.
Der gesamte Überwachungsfimmel dient nur dem Voyeurismus und Unterdrückungsgelüste für die Zwecke der Regierenden, zu sonst ist er nichts nütze. Prompt wird auch wieder zu mehr Erziehung nach den Grundwerten gerufen - dazu müßten diese erst einmal real und ersichtlich vorgelebt werden. Erziehung alleine taugt nichts.
Es ist, als würde der Verstand samt Vernunft und allem was so dazugehört, nicht nur - verständlicherweise - bei Betroffenen aussetzen, sondern gleich umfassend und staatstragend. Leider sind derlei Aussetzer mit Rückfällen in faschistoide und sonstige Methoden der umfassenden Überwachung nicht gerade der Weisheit letzter Schluss. Das nützt alles nichts gegen derlei Gewalt.
Im Gegenteil, je mehr Zwänge den Bürgern serviert werden, desto mehr entwickeln sich daraus wieder mehr innere Rebellionen, die ein Ventil brauchen. Auf Dauer ist es auch keine Lösung, dafür einen äußeren Feind zu präsentieren, das fördert wiederum den Fanatismus. Unser derzeitiger Hang zu neuem Moralismus erschafft etwas, das wie zu allen Zeiten Tugenden beschwört, um dahinter und damit die eigenen Aggressionen zu rationalisieren.
Inzwischen können unsere Kanzlerin und ihre Ministerriege nur noch schlecht darüber hinwegtäuschen, dass sie mit dem rationalen Anschein der politischen Vernunft die nicht vorhanden ist, auf jeden Zug aufspringt, der gerade vorbeifährt. Das ist flapsig ausgedrückt, trifft aber das, was gerade so abgeht. Die Massnahmen der Überwachungen und Zwänge bleiben in ihrer Wirkung erst einmal unbeweisbar, so manches davon wirkt skurril. Es ist traurig genug, dass nach einem solchen Amoklauf wie in Winnenden (und den anderen zuvor) der Staat nichts Besseres weiss, als dies alles für die eigene Propaganda und Machtausweitung auszunutzen.
Die Frage ist, was passieren würde - zur Zeit - wenn dies nicht der Fall wäre. Der Staat wird im Moment sowieso zunehmend in Frage gestellt, so wie er sich präsentiert. Wenn also Regierende und andere um ihre Existenz bangen, - wenn der Verzicht auf Propaganda und Machtspielchen zu nichts führen würde, ausser eventuell abgewählt zu werden - dann wird die Sache schon begreiflicher. Besser wird sie dadurch aber nicht. Es zeigt sich der gleiche Mechanismus wie beim Rückstau der Aggressionen, und die Menschen im Lande spüren dies, oft nur unterschwellig, aber sie nehmen durchaus wahr, dass bei dem Getue und den Geschäftigkeiten so vieles nicht mehr stimmt.
Daraus ergibt sich, dass die Politik, dass die Medien die alles nachbeten und unterstützen, längst abgedreht und pervertiert sind. (Das Gleiche gilt für manche Zusammenhänge bei den Religionen).
Es besteht auch immer eine untergründige Verbindung zwischen dem moralisch aufgesetzten Getue, und der aufkommenden Neigung zur Militanz. Ich bin entsetzt darüber, auf welche leichte Art - und auch mit welchem Leichtsinn - auf eine kurz-fertige Art, unsere Kanzlerin die Massnahmen verordnet: Mehr Disziplin, usw., Grundwerte, Überwachung. Ich werde den Eindruck nicht los, dass diese moralingetränkte und vereinfachende Entäußerung den inneren Spannungen unserer Kanzlerin, und eventuell auch der Mitregierenden entspricht. Dies alles soll den Eindruck erwecken, dass die Mittel gegen Gewalt doch schon längst bekannt, sozusagen für jeden Menschen verfügbar sind - es braucht doch nur den guten Willen.
Die Frage erhebt sich damit aber umfassend aufs Neue: Warum schaffen sie dann keinen Weltfrieden, wenn es so einfach ist? Warum schaffen sie es nicht mit Afghanistan, mit Palästina und sonstwo, wenn Gewalt so einfach abgeschafft werden kann? Fehlt es dann nicht auch an der Moral und am guten Willen, etc., der Verantwortlichen?
So einfach ist das alles eben nicht. Und mit der Polarisiserung zwischen Guten und Bösen, wie es die Kirchen, etc., so gerne handhaben, kommen wir auch nicht viel weiter. Frieden, und das absolute Streben danach, kann nicht befohlen werden. Das, was gerade populär ist, wie das mit den Überwachungen und andere Massnahmen, tut so, als müßte mangelnde Friedensbereitschaft bei den Bürgern herbeigezwungen werden. Dem ist ja nicht so, denn die Meisten wollen nichts anderes, als eben in Frieden leben können.
Es ähnelt ein wenig der Inquisition: Statt nach den tatsächlichen Ursachen zu forschern, diese auch wirklichkeitsgetreu und wahrhaftig offenzulegen, und diese so weit verstehen lernen, damit ein Umgang damit möglich wäre, wird alles nur irgendwie bewältigt. Die Moralvariante bringt es dazuhin mit sich, dass verdrängte Aggressionen dahinter wunderbar verbleiben können. Moralische Verdrängung und Verlagerung neigt dazu, terroristisch zu werden - vielleicht brauchen wir deshalb Terrorismusbekämpfung?
Frieden und Gewaltlosigkeit kann nicht produziert werden, sondern entsteht - oder entsteht nicht. Die Bedingungen müssen stimmen, das ist alles. Es ist nicht die Frage, was zu tun ist - zu machen - zu bewirken, sondern eher, was in Ruhe zu lassen wäre. Wir sind viel zu sehr auf das Machbare festgelegt, und erkennen kaum noch, was zu lassen wäre - sein zu lassen, und zu warten bis es gedeiht.
Wer aus der Ohnmacht der Menschen auf Macht und Moral verfällt, ist in einem grandiosen Irrtum befangen. Die Grundtugenden haben noch keinen einzigen Krieg verhindert, noch keinen Totschlag, noch keinen Mord, also. Warum? Ganz einfach: Gerade beim Krieg berufen sich die Kriegführenden auch jeder auf seine Moral, auf die Verletzung seiner Tugenden. Soviel dazu.
Nur die Ohnmacht und die Hoffnung hätten eine Chance, an die Ursachen allen Unfriedens heranzukommen. Es geht nicht um Erziehung, wo sie versagt hat, ist sowieso alles zu spät. Es ist eher die Frage, wie gütig wir in unserer Welt den anderen Menschen begegnen, wie vorurteilsfrei, wie wahrhaftig und ohne Falsch, wie friedfertig. So lange das nicht in Realität umgesetzt wird, gelebt wird, so lange ist es eine Lüge - und dagegen - gegen gelebte Unmoral - helfen keine künstlich aufgesetzten und übergestülpten Grundwerte und Moralismen.
Auf Wiedersehen, liebe Leser!
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Es folgen traurige Zeilen – aber keine tragischen. Ich bedanke mich
herzlich, liebe Leser. Aber man geht nie so ganz.
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vor 8 Monaten
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