Dienstag, 28. April 2009

Der Spiegelfechter zum Thema Joe Ackermann - im Freitag

der Freitag

Politik

Stoppt die Finanzrowdys!

Josef Ackermann präsentiert einen fragwürdigen Milliardengewinn und verspricht mitten in der Krise, die irrsinnige Jagd nach der 25-Prozent-Rendite fortzusetzen

Joseph Ackermann, der in Bankerkreisen „Joe“ genannt wird, hat es wahrlich nicht einfach. Da präsentiert er der missgünstigen Meute hervorragende Quartalszahlen und erklärt sich dann auch noch bereit, seinen Job drei Jahre länger als geplant auszuüben, und was ist der Dank? Die Politik schäumt vor Wut. Die gleichen Sprüche, für die ihm noch vor wenigen Monaten Politik und Finanzwelt die Füße küssten, wirken heute hohl und anachronistisch. Der Zauber, der den obersten Finanzmagier der Nation umwehte, ist verschwunden. Die Welt befindet sich in einer Krise, Deutschland ist im Wahlkampf und „Joe“ gilt als Untoter einer zerstörten Bankenwelt.

Die hervorragenden Quartalszahlen sind dank geänderter und komplett intransparenter Bilanzierungsregeln vielleicht nicht einmal das Papier wert, auf dem sie gedruckt sind. In einer jüngst veröffentlichen Vergleichsstudie schneidet das Risikomanagement der Deutschen Bank miserabel ab. Die Rückstellungen der Ackermänner betragen lediglich 0,71 Prozent des Kreditportfolios – international sind nur zwei Großbanken noch schlechter aufgestellt. Ohne staatliche Rettungsaktionen wäre Ackermann wohl nurmehr eine Fußnote der Finanzkrise. Doch diese Lehren hat der Reserveoberst für sich noch nicht verarbeiten können. Seine Welt ist das globale Finanzcasino und er zockt weiter am „großen Tisch“. Das ist es, was für ihn zählt – faites vos jeux! Sollen die Verlierer der Krise doch zusehen, wo sie bleiben.

Wieviel Steuergeld hübscht die Bilanz auf?

So einfach, wie es sich Ackermann macht, ist es aber nicht. Wo stünde die Deutsche Bank ohne die gigantischen Schutzschirme und Rettungsgelder, die andere Institute weltweit von den Regierungen bekommen? Ohne die 9,1 Milliarden Euro amerikanischer Steuergelder, die alleine vom verstaatlichten US-Versicherungskonzern AIG an die Deutschbanker flossen, wäre aus dem Quartalsgewinn von 1,8 Milliarden Euro ein Quartalsverlust von 7,3 Milliarden Euro geworden. Wie hoch die gesamte Summe an Steuergeldern ist, die die Bilanz der Deutschen Bank aufhübschen, ist aufgrund der fehlenden Transparenz nicht zu sagen. Fest steht jedoch, dass die Deutsche Bank ohne diese Hilfen selbst vor dem Kollaps stünde.

Joseph Ackermann war stets einer der ersten, die nach dem Staat riefen – nie für sich und sein Institut („Ich würde mich schämen, wenn wir […] Staatsgelder annehmen würden“), aber sehr wohl für seine Konkurrenz. Verstaatlichung der HRE, Bad Banks, ein Schutzschirm für das Bankensystem, all dies wollte Ackermann seinen Kollegen zukommen lassen. Natürlich überkam den umtriebigen Schweizer nicht ein plötzlicher Anfall von Selbstlosigkeit, er hatte vielmehr stets die eigene Bilanz im Hinterkopf. Bei wem hat die HRE Schulden, wer hat einen Teil der faulen Papiere ausgestellt, die jetzt gerettet werden müssen? Der Name „Deutsche Bank“ steht auf vielen dieser Kontrakte.

Fadenscheinige Empörung aus der Politik

Vor diesem Hintergrund wirkt Ackermanns „Weiter so!“ befremdlich. Nicht weniger befremdlich wirken allerdings manche hysterischen Kommentare der Politik. Wenn die Großkoalitionäre Ackermanns Devise, nach der 25 Prozent Eigenkapitalrendite das Minimum für eine gute Bank seien, nun als verantwortungslos kritisieren, so ist dies zwar richtig, aber dennoch fadenscheinig. Sie müssten nur die gesetzlich vorgeschriebenen Risikopuffer und Eigenkapitalanforderungen anheben und Schluss wäre es mit der Renditenhuberei.

In der Finanzbranche gilt seit jeher eine goldene Regel, die nichts an Aktualität verloren hat – eine höhere Rendite lässt sich nur über ein höheres Risiko erzielen. Wenn man das Finanzsystem mit einer Landstraße vergleicht, so wäre Ackermann ein Raser. Wer schneller ans Ziel kommen will, muss ein höheres Risiko eingehen. Wenn Ackermann auf der Finanzlandstraße die Zielvorgabe ausgibt, eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 140 Kilometer in der Stunde erreichen zu wollen, so geht er damit für sich und andere ein hohes Risiko ein. Richtig gefährlich wird es natürlich, wenn weniger geübte Fahrer, wie beispielsweise Landesbanker, HRE- und Commerzbankvorstände, seiner Vorgabe folgen und auch mit erhöhter Geschwindigkeit über die Finanzlandstraße rasen wollen. Bei der Präsentation der Quartalszahlen sagte Ackermann, er könne es ja nicht „mit Absicht gemächlicher angehen lassen, nur damit alle mitkommen.“

Halbherziger Appell an die Vernunft

Einem notorischen Raser, der dies einem Verkehrspsychologen sagt, würde man sofort den Führerschein entziehen. Auf den echten Landstrassen gibt es Geschwindigkeitsbegrenzungen, um uneinsichtige Verkehrsteilnehmer davon abzuhalten, sich und andere in Gefahr zu bringen. Auf der Finanzlandstraße ist Rasen ausdrücklich erlaubt. Wenn die Politik dies ändern will, so muss sie Geschwindigkeitsbegrenzungen setzen und Verkehrskontrollen unternehmen. Ein halbherziger Appell an Vernunft und Verantwortung bringt bei Rasern wenig – und dies gilt sowohl für den Straßenverkehr, wie auch für die Finanzlandschaft.

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