Innere Angstgelegenheiten
von Monsieur Foutre
Mit diesem Schreiben wende ich mich an alle Abgehefteten und Abgeordneten des deutschen Bundestages und an die zuständigen Minister für innere und äußere Angst-Gelegenheiten.
So lassen Sie mich denn, sehr geehrte Damen und Herren, gleich zu Beginn mit einem Zitat supergute Stimmung machen:
„In Deutschland passiert etwas sehr Negatives. Wie in einer längst vergangenen Epoche, als die große Mehrheit der Europäer nicht den Mut hatte, darüber zu sprechen - heute ist es das Gleiche."
Das sagte Herr Jaroslaw Kaczynski, der ehemalige polnische Regierungschef im Juni 2007 nach einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Das Zitat habe ich aus der Zeitung geschnitten und zu Hause hinter einem Bild an die Wand geklebt, damit es bloß keiner findet.
Allerdings glaube ich nicht, dass ausschließlich Negatives in Deutschland passiert. Ganz im Gegenteil. Dennoch möchte ich dieses Zitat, wenn er es denn so gesagt hat, gewissenhaft als Steilvorlage für diesen Brief an Sie weitergeben.
Es hat auch mal jemand gesagt, die Macht ginge vom Volke aus. Denn das Volk wählt seine Vertreter. Diese Vertreter vertreten die zu vertretenden Interessen des vertreteten Staates. Der Staat aber ist das in die Pedalen tretende Volk. Die Vertreter des Volkes sind somit gleichzeitig die Diener des Volkes.
Und das (die Diener) sehr geehrte Abgeordnete und Minister, das sind Sie.
Da Sie Diener und Vertreter sind, sei Ihnen zwar Achtung und Respekt entgegenzubringen, nicht aber mehr als jedem anderen Menschen auch. Bei aller ehrbaren Arbeit sind Überheblichkeit und dauernder Machtanspruch Ihrerseits allerdings stets unangebracht, können aber natürlich für 4 bis 8 Jahre mit aller Einbildungskraft weiterhin sehr gerne ausgelebt werden.
Sie vertreten die Interessen des Staates und oft wird vergessen, dass Volk und regierender Staat voneinander abhängig sind, während die gewählte Regierung die Interessen beider Seiten ausgewogen zu vertreten verpflichtet ist. Diese zahlreichen Aufgaben und Verpflichtungen gewissenhaft vertreten zu dürfen, ist eine schwierige, komplizierte und aufwendige Arbeit. Sie kann nie zur Zufriedenheit aller geleistet werden. Alle Personen der öffentlichen Politik brauchen somit die aufmerksame Unterstützung des Volkes, für dessen gesellschaftliches Wohl und Sicherheit sie sich einsetzen. In Zeiten großer Veränderungen ist das nicht ganz so einfach, schon gar nicht in Deutschland.
Daher hat sich das Volk, allein dadurch, dass es die Rolle des Wählers und Steuerzahlers angenommen hat, von nun an dazu befähigt, die Arbeit ihrer Stellvertreter zu begutachten und zu überprüfen.
Und so sollte Ihnen, den sehr verehrten Vertretern des Volkes, folgende Ansprache sehr hilfreich sein:
Wo manche von Ihnen bei all den komplizierten Aufgaben ihre Urteilsfähigkeit überstrapazieren, verlieren Sie gelegentlich die Nähe zum Volk und neigen dazu, sich selbst zu überschätzen, das Volk zu vergessen, und den Bezug zu den wahren Interessen einer verantwortungsbewussten Gesellschaft zu verlieren. Dort wo die Bürger, egal ob in Minderheiten oder Mehrheiten, nicht mit der Arbeit ihrer Vertreter zufrieden sind, gar einen Missbrauch befürchten, ist es diesen Bürgern von Rechts wegen her erlaubt, solcherlei Missstände aufzudecken und den Vorschlägen ihrer Vertreter nicht mehr zuzustimmen. Denn kein Mensch, auch nicht in Deutschland, hat sich jemals dazu verpflichtet, stets mit allem einverstanden zu sein.
Eher haben sich alle Bürger sogar dazu verpflichtet, ihre Meinungen äußern zu dürfen, denn um diesen Punkt der Verfassung (oder des vorläufigen Grundgesetzes) beanspruchen zu dürfen, haben sie eigens ihre Vertreter auserkoren, damit diese sich im Namen des Volkes für den Erhalt solcher Rechte einsetzen.
Die Bürger haben ihre Stimme abgegeben, was nicht heißt, dass die Stimme im Moment der Abgabe schon wieder verklungen ist. Sie dürfen weiterhin ihren Unmut veräußern und wo sie erkennen, dass dieser nicht ernst genommen wird, müssen sie nicht warten, bis es zu einer Neuwahl kommt, bei der sie wieder von ihrer Stimme Gebrauch machen können.
Und diese Unmutsäußerung geschieht jetzt. Vergessen Sie die Wahlen, vergessen Sie die Prognosen. Sie stimmen nicht. Sie können sich auf einen gewissen Prozentsatz der Bevölkerung berufen, der die von Ihnen gestaltete Politik befürwortet. Das können Sie aber nur, wenn Sie sich eingestehen, dass die restlichen Prozent nicht auf Ihrer Seite sind. Vergessen Sie Ihre blöden Zahlen und Werte und vertrauen Sie der Presse nicht. Und selbst wenn, selbst wenn einmal das Wunder geschehen sollte, dass sich 80 Leute von 100 an der Wahl beteiligen, und aus unerfindlichen Gründen 40 Leute von diesen 80 ein Häkchen hinter Ihrem Namen machen, dann rechnen Sie sich doch gefälligst selbst aus, wie viele Menschen in diesem Land Sie gleichzeitig nicht gewählt haben. Ich an Ihrer Stelle wäre bei so einer Sachlage jedenfalls nicht allzu sehr von der Kraft meiner Überzeugungskunst überzeugt.
Ich weiß, so ist nunmal das Wahlprinzip und meine Argumentation hat Löcher. Aber ich kandidiere ja auch nicht für eine Position von der ich von vornherein weiß, dass ich für das Erreichen ehrbarer Ziele im Namen des Volkes Kompromisse eingehen muß, die die ehrbaren Ziele dann verwässern, während ich gleichzeitig weiß, dass ich nie im Namen des ganzen Volkes sprechen kann, schon gar nicht bei solchen Wahlergebnissen. Ich kann aber schon verstehen, dass man sich in solch einer Situation nie sehr deutlich ausdrücken kann, besonders dann nicht, wenn man keinen Mut zur Wahrheit hat.
So kann man sich denn auch in meiner Position ganz bequem zurücklehnen, Ihre bedauernswerte Position von hier aus beobachten und einfach mal was Dummes behaupten:
Die Mehrheit der Bevölkerung ist mit der Politik der letzten Jahre nicht einverstanden. Sie ist sogar geradezu darüber sehr aufgebracht. Und das hat gar nicht einmal etwas mit der Politik oder den Politikern selbst zu tun, die ja nach ein paar Jahren eh wieder in Vergessenheit geraten, sondern mit der Struktur des Systems an sich. Darin stimmt etwas nicht. Und das Volk begreift. Legen Sie die Zeitungen mal für ein paar Tage beiseite und hören Sie ganz genau hin. Legen Sie den Finger auf die Hauptschlagader Deutschlands. Fühlen Sie, was im Volk brodelt. Fühlen Sie wie der Puls hämmert. Der Puls, das ist die Stimme des Volkes. Was Sie dort vernehmen werden sind nicht nur Einzelstimmen. Die Dunkelziffer, die noch immer schweigt, steht bereits in den Startlöchern. Unterschätzen Sie das nicht. Warum, dazu komme ich gleich.
Die Stimme, das Volk, wissen Sie liebe Abgeordnete, das sind wir.
Wir sind es, die unsere Worte an Sie richten, nicht umgekehrt. Sie haben nur Bericht zu erstatten, was Sie bisher in unserem Auftrag geleistet haben. Wir sind es, die unseren Anspruch auf Macht von nun an neben den Ihren stellen werden. Wir, die Bürger, berufen uns auf uns. Uns ist das Recht zugesprochen, Ihren Beschlüssen und Ideen nicht mehr pauschal zuzustimmen. Wir wählen sorgfältig aus, wir schauen uns das sehr genau an. Wir warten noch. Wir beobachten sehr genau was Sie tun.
Denn Sie, sehr verehrte Damen und Herren in der Politik und auch darüberhinaus, sind Teil der von uns zum Amt erhobenen Staats-Dienerschaft. Da wo Sie Ihrem Amt nicht gerecht werden, werden wir unsere Rechte erkämpfen. Wir werden Ihre politischen Entscheidungen ablehnen, Ihre Beschlüsse nicht mehr gutheißen, sobald diese gegen das Grundgesetz, die Verfassung, das Völkerrecht und jedwede ethischen oder moralischen Prinzipien verstoßen. Hiervon sind viele nicht nur in den Rechtsbüchern einer Demokratie, sondern selbst in der Bibel der Christen nachzulesen. Und auch wenn mit dem C du dich angesprochen fühlst, ist das Parteibuch noch längst kein heiliges Buch.
Wir Bürger wären immer dazu bereit, die Politiker und auch die innovativen Führungskräfte der Wirtschaft als Vorbilder zu betrachten. Wir haben ein gutes Verständnis von einer sorgfältig strukturierten Gesellschaftsform. Daher betrachten wir uns auch in erster Linie als dazu verpflichtet, die Grundgesetze einzuhalten. Wenn diese innerhalb unserer Gesellschaft drohen, missbraucht oder missachtet zu werden, dann fühlen wir uns dazu verpflichtet, gegen diesen Missstand vorzugehen, wo immer es uns begegnet. Wir dürfen nicht Selbstjustiz begehen, wir dürfen aber Meldung machen. Und das können viele von uns und unseren Nachbarn besonders gut.
Wir erkennen nicht nur unser Recht oder die zweifelhafte Pflicht, unsere Nachbarn zu beschnüffeln und anzuzeigen, wenn diese die Bananenschalen mal wieder in die gelbe Tonne geworfen haben. Nein, wir werden von nun an weit darüber hinaus gar nichts mehr einfach so hinnehmen.
Wir werden zwar verstärkt dazu gezwungen, uns staatlicher Willkür zu beugen, sehen uns aber genauso dazu gezwungen, dieses nicht mehr zu tun. Wo auch immer wir befürchten, dass die Grund- und Bürgerrechte missachtet oder weiter eingeschränkt werden, berufen wir uns auf die Menschenrechte. Die sollte jeder noch kennen.
Doch allein das Grundgesetz sollte ausreichen und falls das nicht, nehmen wir uns das Völkerrecht, unsere politischen Vertreter zur Rede zu stellen oder wegen Missachtung anzuzeigen. Von nun an dürfen wir nämlich mithelfen, die korrupten Politiker samt ihrer Wirtschaftsbosse an den Pranger zu bringen. Glauben Sie uns, wir sind mehr und mehr dazu in der Lage. Sie können das in der Bibel nachlesen. Oder schwören Sie nicht mehr auf die Bibel?
Selbst die Presse wird uns hierbei früher oder später behilflich sein. Sobald sie sich von den politisch einwirkenden Wirtschaftskonzernen befreit hat. Auch das geschieht zunehmend. Denn die Presse wirkt nicht nur meinungsbildend auf das Volk ein, sie äfft auch gerne allgemeine Trends nach. Und der Trend in der Bevölkerung geht neuerdings dahin, sich von den Großkonzernen mit Ekel abzuwenden. Also wird die Presse das auch früher oder später tun. Dann stehen Sie ziemlich blöd und alleine da, sehr geehrte Abgeordnete im Bundestag oder in welchen Vorständen Sie sonst noch so fleißig rumsitzen.
Und glauben Sie uns auch das: Wir können uns, genau wie Sie, heute noch mit der einen Sache einverstanden erklären und es uns schon morgen wieder anders überlegen. Unser Ansehen geht dabei allerdings nicht verloren.
Man muss Ihnen an dieser Stelle nicht auflisten, worüber die Mehrzahl der Bürger unzufrieden ist. Die Mehrzahl der Bürger weiß das ja selbst, und es gehört zu den Aufgaben eines Politikers, und auch der Führungskräfte in der Wirtschaft, ab und an den Stimmungsgrad des Pöbels selbst zu ermitteln.
Ich kann Ihnen nur sagen, die Liste ist lang und sie ist so konzipiert, dass sie immer länger wird. Je mehr die jeweiligen Mittel der Liste ihre Anwendung finden werden, desto gewaltiger wird die Gegenreaktion darauf sein.
Fassen Sie dies nicht als leere Phrasen auf. Wir sind hier schließlich nicht in der Oper.
Aber vielleicht ja doch: Von Ihren „Logen" aus haben Sie zwar einen guten Überblick auf das Parkett, aber die Gesichter sehen Sie nicht. Sie sehen auch nicht, wie wir uns dort unter den Bänken Zettel zustecken. Sie werden gar erstaunt sein, wie schnell wir uns auf ein vereinbartes Zeichen alle gleichzeitig erheben können um die Loge zu stürmen. Ihnen steht zwar bald das europäische „Recht" zu, einen solchen Aufstand niederzuschlagen und vielleicht dürfen Sie sogar auch deutsche Soldaten dazu einberufen, in die jubelnde Menge zu schießen, doch darauf würde ich mich nicht verlassen. Ein Militärputsch kann am Ende auch Sie treffen.
Doch keine Angst, es wird zu keinem Bauernaufstand mehr kommen. Etwas anderes strömt und pulsiert in unseren Adern. Doch dazu komme ich gleich.
Es ist ja auch alles gar nicht mehr so primitiv, wie es einmal war. Sie haben jetzt Millionen von Kameras und Tausende von Dienern, die unsere Daten sammeln, und schauen mal hier, mal da, wer kurz davor steht, aus der Reihe zu tanzen und dann erfolgt der lautlose Zugriff.
Doch lassen Sie sich nicht täuschen; tatsächlich nämlich werden auch IHRE Daten gesammelt. Und nicht nur Ihre Daten. Tauschen Sie mal das D gegen ein T aus, dann ahnen Sie schon woher der Wind in unserem teuschen Landen ursprünglich wehte. Die T-elekom hat dies als erstes zu spüren bekommen. Was glauben Sie wohl, an welcher Stelle IHRE Daten und Taten ausgewertet werden.
Übrigens, wir haben auch schon Kameras. Media-Markt und Saturn schmeißen die immer zum Fenster raus. Wir haben somit ein paar tausend Augen und Ohren mehr als Sie. Wir haben zwar keine Armee und keine Polizei und kein Ordnungsamt und keine diversen Sicherheitsdienste, die breitbeinig am Bahnhof stehen. Aber wir haben nebst Augen und Ohren noch so ein paar andere Sinne. Das kann mitunter ganz hilfreich sein. Die Mehrzahl von uns hört hinter so manchen Frequenzen bereits wieder die echten Harpen erklingen. Sie glauben ja nicht, was das für Energien freisetzt!
Natürlich haben die Eliten immer noch einen Chip im Ärmel oder wie das heißt, aber selbst da wo uns, dem Volk, die Form der direkten Mitsprache nicht möglich ist, dürfen wir dennoch an jedem Ort und zu jeder Zeit und ohne Voranmeldung öffentlich unsere Meinung kundtun (nein, nicht Kundun). Wir dürfen unsere Meinung kundtun, sofern sie keiner Hetzrede gleicht. Oder Panik verursacht. Also Angst und Schrecken verbreitet. Sprich mit den Ängsten der Menschen spielt. Also geschürten Ängsten. Im Grunde für Verunsicherung sorgt. Oder für Misstrauen. Na, Sie wissen schon was ich meine. Was eben das Volk so spaltet und beeinflußt.
Und wenn die öffentliche Meinungs-Kundgebung auch noch verboten wird, werden wir immer noch denken können, was wir wollen, zumindest sobald das Gedankengut nicht von infiltrierter Meinungsmache verseucht ist und das Volk sich davon frei gemacht hat. Auch das geschieht gerade. Und unterschätzen Sie nicht die Gedankenkraft des Volkes. Wir schreiben die Bücher, nicht Sie. Wir notieren die Täter und erinnern uns der Kriegsopfer im Ausland, der Betrogenen im Inland, der Geschundenen und der zu Unrecht Verdächtigten auf alle Zeiten. Wir korrigieren auf lange Sicht die Geschichtsbücher.
Was könnten Sie also tun, damit Sie am Ende nicht ganz so blöd da stehen? Ich habe mir dazu Gedanken gemacht, wie Sie sehen. Um ehrlich zu sein, habe ich mich eine Woche krank gemeldet, um mal ein wenig zu überlegen und diesen Text schreiben zu können. Ich bin natürlich gar nicht krank, sondern beschäftige mich ernsthaft mit Politik. Da kann ich ja wohl nicht auch noch arbeiten gehen. Aber das würde mein Chef nicht verstehen. Und die Krankenkasse auch nicht. Das Rezept vom Arzt habe ich natürlich eigentlich nicht gebraucht, aber trotzdem genommen und eingelöst und das Zeug dann dem Heribert gegeben, also unserm Junkie hier nebenan, der kann mit dem Zeug mehr anfangen.
Also jedenfalls habe ich mir überlegt, dass Sie zunächst Folgendes tun könnten:
Statt verschiedener Einberufungsbefehle zur Gesundheitsvorsorge, Protasta- und Gebärmutter-Scanning und dauerhafter Vorsorge zum Erhalt der Sorge über mögliche Krankheiten, die man im präventiven Dauerzustand der Angst und Vor-Sorge mit allerlei Bestrahlungen von sich weg behandeln soll, damit man sie auch ja nie bekommt; statt mit solchen Schreiben die Haushalte zu beglücken, könnten Sie doch mal zur Abwechslung die Bilder zeigen, auf denen längst bereits ordentlich verseuchte Menschen schon gut zu erkennen sind. Also verseucht durch Kriegseinsätze amerikanischer und europäischer Mächte irgendwo weit weg. Solche realistischen Bilder wollen wir nämlich lieber sehen: Von getöteten und verseuchten Kindern im Irak und Afghanistan (oder auch anderen von uns betroffenen Ländern, ganz wie Sie wollen) Diese Bilder müßten Sie mal an alle Haushalte verteilen; natürlich auch mit dem Hinweis wie viele Hundert Kinder es monatlich sind und anderen Statistiken und Erhebungen, also wieviel es noch werden und am Ende sein sollen und so.
Sie könnten auch solche und ähnliche Plakate an die Bushaltestellen hängen, statt uns andauernd lächelnde afrikanische Kinder mit einem Ährenzweig in der Hand zu zeigen, das sieht doch albern aus. Da könnte man ja fast denken, denen geht es zwar nicht so gut, wie uns, aber sooo schlecht geht es ihnen nun auch wieder nicht. Zeigen Sie uns doch lieber wieder die aufgeblähten Kinderbäuche bitte.
Wir hätten so gerne unser schlechtes Gewissen zurück. Wieso zeigen Sie uns nicht auch die mit Uranium verseuchten Kinder in Afghanistan, also weil sie ja schließlich immerhin auch verseucht sind wegen unserem Mitwirken an den Kriegen, an denen unsere Wirtschaft aufschwingt und Milliarden in unsere Kassen bringt, wovon wir ja auch alle was haben, wie die Kanzlerin versprochen hat. Da werden wir Ihnen schon nicht krumm nehmen, dass deswegen die einen Kinder dort mit vier Händen geboren werden und den anderen anderswo beide Arme abgerissen werden. Diese Kinder werden von der Demokratisierungsaktion durch uns und der Befriedung ihrer Heimat bestimmt ihr Leben lang überzeugt sein. Vielleicht schicken Sie uns die Ergebnisse Ihrer Politik als Newsletter ins Haus, denn wenn Sie von sich selbst sagen, Sie erledigen Ihren Job verantwortungsvoll und nach bestem Gewissen, dann glauben wir das noch viel eher, wenn wir auch was in der Hand haben. Danach können Sie Stimmzettel verteilen, wer von den Bürgern, also Ihren Wählern, gleich guten Gewissens diese Kriegseinsätze vertritt und wo die Weicheier sind, die andere zweifelhafte humanitäre Alternativlösungen zur Notlinderung dieser und anderer Staaten vorziehen würden.
Aber Spaß beiseite.
Sie werden erstaunt sein, wie wenig Rückendeckung Sie tatsächlich noch bekommen oder im Grunde von Anfang gar nicht hatten. Denn Sie haben ja von Anfang an nicht die Wahrheit gesagt. Ich meine, es wurde ja schon vor ein paar Jahren im Tagesthemen-Kommentar gesagt, Afghanistan sei auf dem Weg der Besserung. Doch, wirklich. So lautete seinerzeit nämlich der Schlußsatz an alle deutschen Fernseh-Zuschauer: "Afghanistan ist auf dem Weg der Besserung. Hut ab vor der afghanischen Bevölkerung. Hut ab vor den deutschen Soldaten."
Jetzt ist mir gerade schlecht, aber ich schreibe trotzdem weiter.
Immerhin könnten Sie heute mit Recht behaupten, dass wahrscheinlich niemand wirklich weiß, was dort in den fremden Ländern passiert, wenn er nicht selbst vor Ort war. Auch weiß niemand wirklich, wie man sich als Iraker oder Afghane fühlt, wenn er nicht selbst einmal einer war. Und selbst wenn einer das alles kann, weiß er immer noch nicht, was außerdem im Kongo, Sudan oder anderswo gerade passiert. Im Grunde müssten wir auf lange Sicht gesehen dort auch schon mal anfangen unsere Sicherheit zu verteidigen und unsere Bomben da abwerfen.
Aber das scheint im Volke Deutschlands sowieso noch niemanden zu interessieren, solange es nicht in den Zeitungen steht.
Allerdings werden wir einfachen Bürger höchstens mit dem historischen Vorwurf „Wieso habt ihr nichts getan?" leben müssen. Die Politiker und andere unbekannte Entscheidungsträger werden jedoch mit dem Vorwurf „Wieso habt ihr es getan?" leben müssen.
Doch kehren wir mal lieber wieder vor der eigenen Haustüre und kümmern uns noch einmal um die inneren Angstgelegenheiten:
Es ist anzunehmen, dass wir, das Volk, so wie unsere ehrwürdigen Vertreter offenbar auch, nicht von Natur aus dazu verpflichtet sind, alle Gesetze der Bundesrepublik einzuhalten. Das ist nun mal so. Denn es gibt nur wenige bekannte Gesetze gegen die man einfach nicht verstoßen kann. Das Gesetz der Schwerkraft zum Beispiel ist für den Normalbürger nicht so leicht zu umgehen. Oder Murphys Gesetz oder andere, uns noch ganz unbekannte, allgemeingültige und universelle Gesetze. Die gelten irgendwie komischer Weise immer. Da kann man als Otto Normalverbraucher einfach nichts gegen machen. Und wenn es einem durch Zufall irgendwie doch gelingt, dann muss er eben die Konsequenzen über sich ergehen lassen. Ob er es dann als Strafe auffasst ist nur eine Glaubensfrage.
Vom universellen Geschehen aber einmal abgesehen ist man zwar auch innerhalb des Rechtssystems der Gesellschaft daran gebunden, bei Missachtung der Gesetze einer möglichen Bestrafung nicht entgehen zu können. Wenn man diese übertritt hat allerdings die Natur in ihrer Position der höheren Gesetzmäßigkeit weder was dagegen, noch befürwortet sie es.
Davon weit entfernt gelten Pflicht, Recht und Strafe dennoch für jeden im gleichen Ausmaß. Gleichzeitig ändern sich die Begriffe durch ihre Dehnbarkeit auch alle Jubeljahre. Am Ende entscheidet immer nur das Gewissen. Wer diesbezüglich für sich in Anspruch nimmt, von Recht, Pflicht und Gewissen komplett frei zu sein, der ist im weitesten Sinne entweder nicht Teil der Gesellschaft oder er stört die öffentliche Ordnung innerhalb dieser. Wer sich dabei obendrein mit religiösen und anderen Orden schmückt und sei es nur in Form eines christlichen Buchstaben, und diesen für den eigenen Machtanspruch anwendet und gleichzeitig gegen die Gebote seines Glaubens bewusst verstößt, der ist ein Heuchler oder eine Heuchlerin.
Wo es nun den Vertretern zwar zugesprochen ist, Veränderungen innerhalb politisch ergänzender Gesetze einzuführen, ist es seitens des Volkes nicht zwingend, diesen Gesetzen zuzustimmen, solange man seine Stimme ursprünglich nicht dafür abgegeben hat und solange sie den völkerrechtlichen und menschenrechtlichen Gesetzen widersprechen, von den universellen ganz zu schweigen. Das Volk ist nicht verpflichtet, irgend welchen von Menschen gemachten Gesetzen zu gehorchen, es ist nur dazu gezwungen, bei Übertretung der Gesetze die ebenso von Menschen gemachte Strafe anzunehmen, denn da hat man kaum eine andere Wahl. Sonst hat der Einzelne immer die Wahl. Die meisten von ihnen werden dann aber wenigstens reinen Gewissens in Haft ihre ehrbare Suppe auslöffeln, wo immer sie sich für die Völker und Menschenrechte eingesetzt haben und hierbei merkwürdiger Weise zunehmend mit dem Gesetz in Konflikt kamen. So wie wir das ja noch aus fernen Ländern kannten, über die amnesty international immer berichtete, als sie noch hauptsächlich im Ausland tätig waren.
Auch ist zum Beispiel jenen, die die Steuer hinterziehen, eine gewisse Strafe aufzuerlegen, mit welcher der dadurch Benachteiligte wieder entschädigt wird.
So sollte aber auch derjenige, der die Steuergelder sinnlos verprasst, veruntreut oder zum Schaden anderer einsetzt, soweit zu bestrafen sein, dass er den jeweiligen Gesamtschaden dafür ebenfalls übernimmt oder sonst irgendwie wieder ausgleicht und Reue zeigt. Und da diese beiden Fälle so häufig auftauchen, wie das Jahr Tage hat und man deswegen annehmen kann, dass der eigentliche Fehler im System liegt, ist in diesem Fall eines ungerechten Steuersystems, derjenige, der sich weigert diese Steuern zu zahlen, eigentlich derjenige, welcher der Gemeinschaft den größten Gefallen tut.
Und da er hiermit der Gesellschaft einen Gefallen tut, weil er ja einem der Allgemeinheit gegenüber ungerechtem System nicht dient, sollte diesem gewissenhaften Bürger auch eine entsprechende Entlohnung zukommen. Er könnte zum Beispiel, dafür dass er solche Steuern nicht zahlt, ein monatliches Grundgehalt bekommen und auf den ganzen Rest einfach verzichten.
Nun kann das Volk natürlich gerne, wenn es denn gerne will, auch Steuern zahlen und neuerdings wird es das auch bis über seinen Tod hinaus noch dürfen. Er hat es ja so für sich entschieden und es so für sich gewählt. Denn das Volk hat immer die Wahl. Es kann zum Beispiel das Menschen- und Völkerrecht wählen oder sich dafür entscheiden sich einem menschenunwürdigen Gesetz zu beugen oder sich diesem widersetzen. Keiner hat zwar das Recht, Morde oder Plünderungen zu begehen - ob nun im Inland oder im von feindlichen Ausländern besetztem Ausland - jeder Mensch hat aber immer das Recht, sich jedem Auftrag und jedem Zwang zu verweigern. Wenn ihm hierbei Strafe droht, muss er sie leider über sich ergehen lassen und auf Beistand hoffen. Solange er der einzige bleibt, wird er dennoch besten Gewissens die Strafe über sich ergehen lassen. Je mehr Menschen ihm hierbei zur Seite stehen, desto mehr wird das von Menschen gemachte kleingeistige System von Pflicht, Strafe, Schuld, Recht, Zucht und Ordnung hinfällig werden.
Während diesen Menschen durch staatlich verordnete Maßnahmen das Grundrecht nach und nach abgerungen wird, in friedlichen Manier frei, unbescholten und unbehelligt leben zu dürfen, werden sie sich zunehmend darin ausprobieren, sich jeglicher Bevormundung und Kontrolle zu widersetzen.
Doch keine Angst, liebe Abgeordnete, liebe Minister (oder spreche ich mittlerweile schon zu ganz anderen Personenkreisen?) keine Angst; zwar ist der Unmut innerhalb der Bevölkerung groß, das Potential des Widerwillens ungewiss, aber zu einem urplötzlichen Gewaltausbruch wird es in Deutschland nicht kommen. Die Bürger anderer Völker können das besser und nicht selten wird dort, nebst einem unermesslichen Sachschaden, sogar irgendeine Veränderung erreicht. Das wird auf diese Weise in Deutschland wohl nicht geschehen. Und gerade das dürfte manchen elitären Mächten nicht passen. Gewiss hätten manche Leute einen riesen Aufstand im Pöbel ganz gern gehabt. Denn sie haben sich ja zu allen Seiten hin abgesichert und wollten gewiss dann noch etwas Öl ins Feuer gießen. So lässt sich wieder schön Panzer fahren und der ersehnte Sytemwechsel schneller herbeiführen.
Nur haben diese Leute dabei eine Sache nicht bedacht. Sie haben durch ihre Angst vor dem Machtverlust eine entscheidende Sache übersehen. Welche, dazu kommen wir später.
Vordergründig erscheinen die Mittel der Absicherung, der Kontrolle, der Überwachung, der Maßnahmen zum Erhalt der „inneren Sicherheit", der Angstmache, natürlich nicht ganz dumm zu sein. In diesen Zeiten weiß man ja nicht, wo überall der tatsächliche Feind sich versteckt. Er könnte sich in den Privaträumen der Bürger verstecken. Daher macht es auch vordergründig Sinn, jeden Bürger auf Schritt und Tritt zu überwachen.
Jeder Bürger wiederum kann heutzutage Klage gegen das so genannte Stalking erheben. Denn seit Kurzem hat man begriffen, dass kein Menschen über dem anderen steht. Niemand muss sich einer Macht beugen, die ihn in seinen Grundrechten einschränkt und andauernd beschnüffelt. Wo jemand sich auf Schritt und Tritt beobachtet sieht und seine Privatssphäre übertreten wird, da ist er Opfer eines Stalkings.
Geschieht dies aber mit politischer Absegnung seitens mächtiger Institutionen, dann werden sich mehr und mehr Bürger von eben diesen Institutionen abwenden. Sie werden sich aber weiterhin überall bei allem filmen und beschnüffeln lassen und, als wäre nichts gewesen, weiterhin brav und unterwürfig schuften gehen. Warum das so ist, erkläre ich wie gesagt später.
Da jedenfalls auch den Bürgern die verschiedensten Mittel zur technologischen Überwachung zur Verfügung stehen, werden sie nach und nach die wenigen Obrigen mindestens genauso intensiv bei allem was sie tun, filmen und beobachten.
Noch aber sind die Bürger untereinander gespalten, was ja auch politisch so gewollt ist. Mancher mag derzeit noch seinem Neid Ausdruck verleihen, wenn er erkennt, dass andere höhere Löhne einfahren, als er selbst, egal ob berechtigt oder nicht. Er kann dabei auch genauso viele Ungerechtigkeiten wie zugestandene Verdienste erkennen und gleichgültig bleiben. Der Trend geht aber in diese Richtung: Der Bürger erkennt immer mehr, dass er überhaupt nicht verpflichtet ist, sich dem Willen anderer zu beugen, egal wie reich und mächtig sein Gegenüber ist. Denn wir haben ja plötzlich gelernt: Niemand steht über uns, so wie niemand unter uns steht. So wird der Bürger (was für ein bescheuertes Wort eigentlich) dann die Schürze ablegen und sagen: „Nein, mein König, für dich mag ich nicht mehr kochen, ich gehe, und zwar sofort, du wirst nicht verhungern und ich werde nicht verhungern. Und wenn ich verhungere, dann hat einzig und allein mein freier Wille mir die Vollmacht dazu erteilt. Und übrigens: Du hast mir nicht Arbeit gegeben, sondern ein Gehalt, mit dem du meine Zeit gekauft hast. Die Arbeit habe ich dir gegeben. Und da wir das jetzt erkannt haben, stelle beim nächsten Mal ich die Bedingungen."
Das (vielleicht nicht im Wortlaut) wird zunehmend geschehen.
Gleichberechtigungsbekundungen auf Augenhöhe. Also halten Sie die Augen auf, liebe Bosse und Politiker.
Kommen wir bezüglich Ihrer Aufgaben nun noch zur analytischen Paranobase:
1.
Manche der politischen Vertreter aller in der Nähe der Gesellschaft lebenden Individuen haben neben der Verpflichtung, sich für den Erhalt freiheitlicher Werte einzusetzen, leider auch die schwierige Aufgabe, für die innere Sicherheit zu sorgen und somit die Sicherheit eines jeden Bürgers zu gewährleisten. Diese Sicherheit ist durch einzelne Kriminelle im Innern oder durch Feinde von außerhalb zu befürchten.
Wenn nun offenkundig wird, dass ein Vertreter des Volkes Angriffe von außerhalb befürchtet, und somit die Sicherheit des Staates, also des Volkes, bedroht erscheint, dann weiß das Volk, dass es ihrem Vertreter in seinen Entscheidungen vertrauen darf, denn schließlich hat es ihm ja allein durch einen Wahlzettel dieses Vertrauen ausgesprochen. Seine Aufgabe, die Gewährleistung der inneren Sicherheit, erfüllt der zuständige Minister, samt seiner Abgeordneten und Vorgesetzten, solange mit Bravour, wie er gleichzeitig die Freiheit seines Volkes nicht eingrenzt. Solange es sich bei der Regierungsform um eine Demokratie handelt.
Wo ihm all das nicht gelingt, ist er an seiner Aufgabe gescheitert. Oder er möchte eine andere Regierungsform. Ihm wird außerdem die Aufgabe erteilt, weiterhin die „Verfassung", das Grundgesetz zu schützen. Wo es ihm nicht gelingt, ist er auch da gescheitert.
Und was soll mit jenen geschehen, die den einen Teil zwar erfüllen, den anderen jedoch vernachlässigen und somit insgesamt an ihren zugedachten Aufgaben offensichtlich scheitern? Wie lange will jemand die Verantwortung übernehmen, die er gar nicht tragen kann?
Wenn er nicht nachlässt und vorher das Amt aufgibt, wann sonst, wenn nicht im Extremfall, wird er seiner letzten Prüfung unterzogen werden?
2.
Wenn er allerdings weiterhin und berechtigter Weise befürchtet, die innere Sicherheit und somit ja auch die Sicherheit des Volkes, sei tatsächlich ernsthaft bedroht, wird er so manche Maßnahme in Erwägung ziehen müssen, damit wenigstens die Verteidigung gegen den Feind gewährleistet ist. Diese Maßnahmen sind solche, mit welchen er zwangsläufig die Freiheit des Volkes eingrenzt.
Er muss aber einen konkreten Grund seiner Besorgnis vortragen, er muss Beweise liefern, die seine Annahme bestätigen, dass eine Gefahr von Außen droht. Und sie muss absolut wahr sein; eine Hollywood-Inszenierung kann der Haushalt sich nämlich nicht leisten.
Wenn die unbekannte drohende Gefahr von Außen es aber schon soweit gebracht haben sollte, dass sie zu einer Gefahr im Inneren wird, so muss er auch dafür Beweise vorlegen. Er muss den Grund seiner Angst vorzeigen und nüchtern erläutern können und das wird er nicht können, solange der Feind sich nicht zeigt. Um die Angst vor den Feind zu überwinden, muss er den Feind finden, also benötigt er einen Angriff seitens des Feindes, um seine Angst vor ihm bestätigt zu sehen.
Das ist das Dilemma der Angst. Es läuft auf eine Konfrontation hinaus, zu der nur er allein befähigt ist, sie herauf zu beschwören, da ihre Verwirklichung nur ihm allein bestätigen wird, das Richtige getan zu haben. Und das Richtige wird er erst dann glauben getan zu haben, wenn das Falsche passiert. Auf deutsch gesagt, jemand in dieser Rolle ist eine arme Wurst, die tagein tagaus um Verständnis bittet und um Verzeihung fleht, dass ausgerechnet er in einem psychologischen Dilemma hocken muss.
Bevor er aber diesen Schritt für gegen den Feind auch nur gedanklich wagt, also veranschlagt, sollte er vorher das Volk um Erlaubnis gefragt haben oder wenigstens erforscht haben, ob es die gleichen Ängste verspürt, wie er und ob es, bei offenkundiger Beweislage, ebenso dazu bereit wäre, seine Seele dem Feind für einen Döner zu verkaufen.
Er ist also den Menschen, die ihm ihre Sicherheit anvertraut haben, gegenüber verpflichtet zu sagen, welche konkrete Bedrohung vorliegt. Allerdings erst dann, wenn sie vorliegt, womit sein Handlungsspielraum zugegebenermaßen etwas eingeschränkt ist. Wenigstens sollte er aber nicht sagen, die letzten Tage bis zum Abaddon dürften ab heute fröhlich ausgelebt werden; das wäre falsch, denn es könnte Panik erzeugen. Allerdings ist so ein Ausspruch weniger falsch als äußerst geschickt, zumindest aus der Linse eines paranoiden Geistes betrachtet: Nach dieser Darlegung eines zutiefst bedrohlichen Angstgefühles, erbettelt er sich das Verständnis, von nun an nichts weiter mehr dazu sagen zu müssen und alle, die ihn nicht verstehen, tun ihm noch mehr Leid, als er sich selbst.
In solch psychologisch höchst komplizierten Fällen muss sachverständig überprüft werden, ob diese Form der Angst nicht besser gerecht verteilt werden sollte, damit sie erträglicher wird. Er darf sie nicht alleine durchstehen müssen und sich nicht nur allein beim Verteidigungsminister oder der Kanzlerin ausweinen. Das Volk ist verpflichtet, ihm hierbei zu helfen.
Wir müssen beruhigend auf ihn einreden und sagen: Aber wovor hast du denn Angst, Ärmster? Ist deine Furcht berechtigt? Sind die Maßnahmen zur Beseitigung dieser Angst gerechtfertigt? Gibt es noch andere Mittel, diese dumme dumme Angst aufzulösen? Müssen wir unter solch ernsthaften bedrohlichen Zuständen nicht auch eine psychologische Beratung und mentale Bekräftigung in Erwägung ziehen? Kann das Volk sich und ihre Vertreter selbst therapieren? Würde ein psychologisches Gutachten die Angst vor einer Bedrohung auflösen? Welchen Ansatz würde ein solches Gutachten haben? Ist die Angst berechtigt oder ist es eine Angst vor dem Unbekannten? Und wenn der Verdacht besteht, es ist die Angst vor dem Unbekannten, muss dann nicht die Angst besiegt werden, statt des Unbekannten? Ist so einer nicht völlig überfordert? Braucht er einen Therapeuten oder Zwangsurlaub?
Und wenn es nicht so ist, bzw. doch so ist, bzw. anders ist, als es ist? Wer ist der Unbekannte? Und sind alle Maßnahmen berechtigt, diesen Therrorpisten zu fassen zu kriegen? Wo kommt er her? Wann kommt er? Wie sieht er aus? Was bringt er mit? Wird er lange bleiben? Können wir ihn einsperren? In welches Gefängnis sperren wir ihn ein? Dies sind alles Fragen, die das Volk gern beantwortet haben möchte; solange es die Ängste teilt. Es will nicht die Angst vor einem Phantom durchstehen müssen. Und wenn, dann höchstens in der Oper.
3.
Wir, das Volk, werden uns also zukünftig auch noch darum kümmern müssen, unsere Politiker mental zu stärken. Denn der Politiker wird bei aller sorgfältigen Überlegung nicht verstehen können, wie das Problem der inneren Sicherheit in den Griff zu bekommen ist. Denn sicher genug ist des Volkes Land ja immer noch nicht. Es scheint, als säße der Feind, der unsere Sicherheit, unsere Freiheit und unser Grundgesetz bedroht, bereits mitten unter uns. Und er ist allgegenwärtig. Er scheint sich zahlreich hinter vielen Ecken und Laternenmasten zu verstecken und online jetzt auch schon.
Gezeigt hat er sich noch immer nicht so richtig.
Und wenn er sich zeigt, wird dann was Schlimmes passieren?
Es dürfte bei allen bisher eingeführten Maßnahmen nicht viel passieren.
Und wenn doch, dann war alles bisher Unternommene umsonst. Dann hat derjenige, dem wir unsere Sicherheit anvertraut haben, versagt und müsste seines Amtes enthoben werden und alle, die solche Entscheidungen bewilligt haben, gleich mit.
Oder er wird eingestehen, und sagen, es war die falsche Taktik, trotz Komplettüberwachung hat jemand in einer dunklen Ecke gezündelt und der Feind ist entkommen. Lasst uns eine neue Variante überlegen. Oder lasst uns noch mehr absichern. Der Feind sitzt weder hinter Gittern, noch hat er aufgegeben. Er hat sich noch immer nicht einschüchtern lassen.
Das Volk wird hier anfangen mitzudenken. Es wird nun noch mehr wissen wollen, wie ernsthaft die Bedrohung tatsächlich ist. Und vielleicht wird es das auch ganz zügig zu spüren bekommen.
4.
Es könnte auch sein, dass das Volk gar nicht solche Ängste hat, wie jene, die unser Land, unsere Staatssicherheit und den Schutz unserer Verfassung gegen solche verteidigen möchten, die all das ernsthaft bedrohen. Ach, sorgloses Volk, wie naiv es doch ist. Es geht zwar immer noch brav schuften, aber für die ernsthaften Bedrohungen unserer Demokratie hat es einfach keinen Sinn.
Es erkennt einfach nicht, wie der Verbrecher unsere Rechte beschneidet.
Wie kann es sein? Lange Zeit war nun bekannt, wer in etwa der Feind ist und wo er sich sonst so rumtreibt, wenn nicht gerade hier vor laufender Kamera. Es wurden sogar Namen geliefert und seit dem ist auch nichts mehr passiert. Gott sei Dank. Doch wie kann es sein? Wieso will das Volk nichts weiter davon wissen, stattdessen wollen manche sogar alle Sicherheitsmaßnahmen gegen den Feind in Frage stellen. Manche sind sogar so aufgebracht, dass sie in extremer Weise von ihrem Recht zur freien Meinungsäußerung und dem Recht der Versammlung Gebrauch machen, allein um ihren Unmut gegen den Staat zu äußern. Wieso tun die das? Erkennen sie denn nicht die Gefahr?
Ist der Feind mit einem Mal ein anderer? Dachten sie denn nicht auch, der Terror sei, sagen wir mal, von Andersgläubigen zu erwarten? Ist er jetzt obendrein von Andersdenkenden zu erwarten? Da kann sowohl die Regierung, als auch das Volk nur noch zustimmend mit dem Kopf schütteln und sagen, wie kann das sein? Sollten wir nicht auch noch den Iran angreifen, damit unser Öl wenigstens im Ausland vor den Terroristen sicher ist oder nä, Herrgott ist das kompliziert.
5.
Doch von der Außenwelt mal abgesehen; wollen wir nun etwa die Innere Sicherheit auch noch vom eigenen Volk bedroht sehen?
Wie kann denn das sein? Ist es etwa nicht mehr zufrieden? Womit denn nicht? Hat doch immer noch jeder ein Auto. Wieso hat denn das Volk auf einmal auch so eine Angst und bestürmt in kleinen Gruppen mit weit vorgestreckten Köpfen ganze Hundertschaften von gepanzerten Schutzmännern? Wieso hat es plötzlich so eine Angst vor atemberaubenden Tornado-Flugshows, die doch nur anläßlich einer Kundgebung die Massen begeistern sollten? Was schaut es denn so entgeistert, während man ein paar harmlose tausendmal geprobte Stunts darbietet, wo ein paar Turboschlachtschiffe über kleine grüne Gummibötchen hinwegdonnern? Warum tut es so entsetzt, wo doch alles nur ein Probelauf ist? Wieso zieht es nun auf einmal Kapuzen oder Tücher über die Köpfe? Wird man sich denn wenigstens Karneval noch verkleiden dürfen? Wenigstens ein Fahrradhelm, falls einem mal ein paar Kamelle auf den Kopf geworfen werden? Wieso diese innere Unruhe?
Und das in Deutschland, wo man so etwas nun wirklich nicht gewohnt ist. Was hat das zu bedeuten, wenn die Deutschen, und sei es nur die Minderheit, plötzlich unsere stets aufgebrachten Nachbarn in Frankreich nachahmen, die schon bei der Anhebung der Brotpreise mit Autos werfen? Fühlt es nun die Innere Sicherheit auf wackelnden Beinen stehen oder ihre sehr überfällige Freiheit? Und was, in letzter Konsequenz, wird es bereit sein zu opfern? Die Sicherheit, die, falls es zu einem Anschlag kommt, nach all den Maßnahmen noch immer nicht gewährleistet ist, oder die Freiheit? Und welche Freiheit? Die der Mitbestimmung? Die der Wahlberechtigung? Die der Nichtwahlberechtigung? Die des Protestes? Die der Versammlung? Die der Unzufriedenheit gegenüber ihren Vertretern?
Fragen wir mal Benjamin Franklin: „Eine Gesellschaft, die ihre Freiheit zugunsten der Sicherheit opfert, hat beides nicht verdient." Stimmen wir dem nicht gerade geradezu zu?
6.
Bei allem, was eine Regierung bestimmt, benötigt sie die Zustimmung der Mehrheit des Volkes. Ein Vertreter des Volkes, und das ist vielleicht das große Missverständnis eines falschen Selbstverständnisses, hat, wenn er die Zustimmung des Volkes durch eine zurückliegende Wahl erhalten hat, noch längst nicht sämtliche Befugnisse für sich im Vorhinein gepachtet.
Er kann sich nicht sicher sein, dass er immer noch die Zustimmung allen Volkes erfährt.
Diejenigen, die mit seiner Arbeit nicht mehr zufrieden sind, sind nicht mehr seine Wähler. Auch wenn sie einst ihre Stimme abgegeben haben, so haben sie sich dennoch von ihm abgewandt. Erst einmal spielt das keine Rolle. Aber es heißt auch, dass er nun wenigstens nicht mehr der Vertreter dieser Menschen ist. Das wiederum heißt, diese Menschen sind nicht mehr dazu verpflichtet, seinen Ideen zuzustimmen. Das bedeutet, sie müssen seinen Vorschlägen nicht mehr gehorchen, wenn sie die Sicherung ihrer Freiheit und somit der des Volkes, und somit der des Staates, nicht gewährleistet sehen. Dieser Sachverhalt trifft auch auf die anderen gewählten Personen zu. Sie haben ab dem ersten Tag ihres Amtsantrittes vertraglich damit zu rechnen, dass sie nach der Probezeit vom Volk gestürzt werden dürfen. Daher kommt übrigens das Zucken ihrer Gesichter und das Flackern ihrer Augen. Jedenfalls bei denen die nicht von vornherein eiskalt sind.
7.
Sollten Sie, also Sie, die politischen Vertreter des Staates, sich nicht für die Interessen des ganzen Staates zum Einen, der einzelnen Bürger zum Anderen, ausgewogen einsetzen, dann ist anzunehmen, dass Sie nur im eigenen Interesse handeln. Wenn das nicht, dann vielleicht Interesse einer anderen, diesem Staate übergeordneten Instanz.
Hierdurch würden Sie, meine Damen und Herren, aber eine Minderheit bilden, die mit der Mehrheit des Volkes, also dem Staat, nichts mehr gemein hat. Auf diesen Missstand werden Sie aber zunächst ebenfalls nur durch eine Minderheit im Volke aufmerksam gemacht werden, da sich die Mehrheit ohnehin nicht ernsthaft, das heißt bewusst hinterfragend, mit Politik beschäftigt. Daher sollten Sie, die machthabende Minderheit, auf diese verständige Minderheit innerhalb des Volkes hören. Bevor die Minderheit des Volkes zur Mehrheit heranreift und die Unbedeutsamkeit der machthabenden Minderheit noch deutlicher macht, als es jetzt schon an vielen Ecken heraus zu hören ist.
Ansonsten werden Volk und Regierung sich soweit entfremden, dass jeder machen kann, was er will, die Regierung dem Volk nicht mehr zuhört und das Volk der Regierung sowieso nicht mehr, egal mit welcher Gewalt und welchen Mitteln sich die Regierung dann noch Gehör verschaffen will.
Sie werden aber erfahren, dass am Ende immer das Volk den Staat regiert.
Meistens beginnt das mit einem ziemlichen Chaos.
Bis Dann
Ihr willig ergebenes Volk
______
Zum friedlichen Ausklang singt für uns nun noch der berühmte amerikanische Schriftsteller H.D Thoreau 11 Choräle aus seinem 1899 erschienenen Werk: „Civil Disobedience; Ziviler Ungehorsam gegen den Staat". Er tut dies ganz öffentlich, da er aus besonderem Anlass nicht mehr im Nachhinein belangt werden kann, und somit eine Vorbeugehaft nicht befürchten muss:
1.
Alle Menschen bekennen sich zum Recht auf Revolution; das heißt zu dem Recht, der Regierung die Gefolgschaft zu verweigern und ihr zu widerstehen, wenn ihre Tyrannei oder ihre Untüchtigkeit zu groß und unerträglich wird. Aber fast alle sagen, das sei jetzt nicht der Fall.
2.
Muß der Bürger auch nur einen Augenblick, auch nur ein wenig, sein Gewissen dem Gesetzgeber überlassen?Wozu hat denn dann jeder Mensch ein Gewissen? Ich finde, wir sollten erst Menschen sein und danach Untertanen. Man sollte nicht den Respekt vor dem Gesetz pflegen, sondern vor der Gerechtigkeit. Nur eine einzige Verpflichtung bin ich berechtigt einzugehen, und das ist, jederzeit zu tun, was mir recht erscheint...
3.
Unter einer Regierung, die irgendjemanden unrechtmäßig einsperrt, ist das Gefängnis der angemessene Platz für einen rechtschaffenen Menschen. Der rechte Platz, der einzige, den er seinen freieren und weniger kleinmütigen Geistern anzubieten hat, ist eben das Gefängnis, wo sie von Staates wegen ausgesetzt und ausgeschlossen werden, nachdem sie sich durch ihre Grundsätze schon selbst ausgeschlossen haben... nur hier sollen sie ihn finden, im Gefängnis; auf diesem abgeschiedenen, aber freieren und ehrbareren Boden, wo der Staat jene hinbringt, die nicht mit ihm, sondern gegen ihn sind- es ist das einzige Haus in einem Sklavenstaat, das ein freier Mann in Ehren bewohnen kann. Vielleicht glauben manche, daß sie dort ihren Einfluß verlieren, daß ihre Stimme das Ohr des Staates nicht mehr erreicht, sie glauben, daß ihre Gegnerschaft innerhalb dieser Mauern unwirksam wäre- aber sie wissen nicht, um wieviel die Wahrheit stärker ist als der Irrtum und wieviel überzeugender und wirkungsvoller sie die Ungerechtigkeit bekämpfen können, wenn sie sie nur ein bißchen an sich selbst erfahren haben. Lege in deine Stimme das ganze Gewicht, wirf nicht nur einen Papierzettel, sondern deinen ganzen Einfluß in die Waagschale. Eine Minderheit ist machtlos, wenn sie sich der Mehrheit anpaßt; sie ist dann noch nicht einmal eine Minderheit; unwiderstehlich aber ist sie, wenn sie ihr ganzes Gewicht einsetzt.
4.
Wenn tausend Menschen dieses Jahr keine Steuern bezahlen würden, so wäre das kein brutaler und blutiger Akt- das wäre es nur, wenn sie die Steuern zahlten und damit dem Staat erlaubten, Brutalitäten zu begehen und unschuldiges Blut zu vergießen. Das erstere ist, was wir unter einer friedlichen Revolution verstehen- soweit sie möglich ist. Wenn nun aber- wie es geschehen ist- der Steuereinnehmer oder irgendein anderer Beamter mich fragt: Was soll ich aber jetzt tun? So ist meine Antwort: Wenn du wirklich etwas tun willst, lege dein Amt nieder. Wenn einmal der Untertan den Gehorsam verweigert und der Beamte sein Amt niedergelegt hat, dann hat die Revolution ihr Ziel erreicht.
5.
Nie wird es einen Staat geben, solange sich der Staat nicht bequemt, das Individuum als größere und unabhängige Macht anzuerkennen, von welcher sich all seine Macht und Autorität ableiten, und solange er den Einzelmenschen nicht entsprechend behandelt.
6.
Die Mehrzahl der Menschen dient also dem Staat mit ihren Körpern; nicht als Menschen, sondern als Maschinen... Andere, wie die meisten Gesetzgeber, Politiker, Advokaten, Pfarrer und Würdenträger, dienen dem Staat vor allem mit ihren Köpfen; doch weil sie selten moralische Urteile fällen, könnten sie- ohne es zu wollen- ebensowohl dem Teufel dienen wie Gott. Nur wenige Helden, Patrioten, Märtyrer, wirkliche Reformer und Menschen dienen dem Staat auch mit dem Gewissen, weshalb sie sich ihm oft widersetzen müssen; sie werden gewöhnlich von ihm als Feinde behandelt.
7.
Das Gesetz hat die Menschen nicht um ein Jota gerechter gemacht; gerade durch ihren Respekt vor ihm werden auch die Wohlgesinnten jeden Tag zu Handlangern des Unrechts. Ein allgemeines und natürliches Ergebnis dieses ungebührlichen Respektes vor dem Gesetz sieht man zum Beispiel in einer Kolonne von Soldaten: Oberst, Hauptmann, Korporal, Gemeine, Pulverjungen und alles, wie sie in bewundernswerter Ordnung über Berg und Tal in den Krieg marschieren, wider ihren Willen, ja wider ihren gesunden Menschenverstand und ihr Gewissen- weshalb es ein recht anstrengender Marsch wird und beträchtliches Herzklopfen verursacht. Sie zweifeln nicht daran, daß es ein verdammenswertes Geschäft ist, mit dem sie sich da befassen; sie möchten alle friedlich sein. Aber was sind sie denn eigentlich? Sind sie überhaupt Männer, oder kleine bewegliche Verschanzungen und Waffenlager, und irgendeinem skrupellosen Menschen, der gerade an der Macht ist, zu Diensten?
8.
Mich kostet es in jeder Hinsicht weniger, die Strafe für Ungehorsam gegen den Staat anzunehmen, als wenn ich gehorchen würde. Im zweiten Fall käme ich mir ärmer vor.
9.
Ich weiß: Die meisten Menschen denken anders als ich, die aber, die ihr Leben aus Berufung dem Studium dieser oder verwandter Gegenstände widmen, sind mir am fernsten. Staatsmänner und Gesetzgeber, die so völlig innerhalb ihrer Institution leben, können sie nie klar und deutlich erkennen. Sie reden von einer Gesellschaft, die in Bewegung ist, haben aber keinen Ruhepunkt außerhalb derselben. Vielleicht sind es Männer mit Erfahrung und Urteil, sie haben zweifellos geistreiche und sogar nützliche Einrichtungen erfunden, für die wir ihnen aufrichtig danken; aber all ihr Witz und ihre Brauchbarkeit bleiben innerhalb gewisser, nicht sehr ausgedehnter Grenzen. Sie vergessen gerne, daß die Welt nicht von der Politik und der Nützlichkeit regiert wird.
10.
Es gibt ungerechte Gesetze: Sollen wir uns damit bescheiden, ihnen zu gehorchen, oder sollen wir es auf uns nehmen, sie zu bessern, und ihnen nur so lange gehorchen, bis wir das erreicht haben, oder sollen wir sie vielleicht sofort übertreten? Die Leute glauben im allgemeinen, unter einer Regierung, wie wir sie jetzt haben, sollten sie warten, bis sie die Mehrheit zu den Änderungen überredet haben. Wenn sie Widerstand leisteten, so glauben sie, wäre die Kur schlimmer als die Krankheit. Aber es ist die Regierung, die allein Schuld hat, daß die Kur tatsächlich schlimmer als die Krankheit ist. Sie macht sie schlimmer. Warum tut sie nicht mehr dafür, Reformen vorzusehen und einzuleiten? Warum achtet sie nicht auf ihre verständige Minderheit? Warum muß sie lärmen und sich sträuben, bevor sie noch Schaden gelitten hat?
11.
Auch wenn ich mich mit dem freisinnigsten meiner Nachbarn unterhalte, stelle ich fest: Was sie auch über die Bedeutung und den Ernst der Frage, über ihre Sorge um den öffentlichen Frieden sagen mögen- die Sache läuft doch immer darauf hinaus, daß sie auf den Schutz der bestehenden Regierung nicht verzichten wollen und sich vor den Folgen des Ungehorsams für ihr Eigentum und ihre Familie fürchten. Was mich betrifft, ich glaube nicht, daß ich mich je auf den Schutz des Staates verlassen werde. Falls ich aber diese Staatsgewalt abweise, sobald sie mir den Steuerbescheid präsentiert, dann wird mir sofort mein Eigentum genommen, und ich und meine Kinder werden endlos gequält. Da ist hart. So wird es dem Menschen unmöglich gemacht, ehrenvoll zu leben und zugleich angenehm, was die äußerlichen Dinge anbetrifft. Es lohnt sich eben nicht, Eigentum zu erwerben, es würde sehr bald wieder verloren sein. Man muß irgendwo tagelöhnern oder pachten, muß eine möglichst kleine Ernte haben und sie bald aufessen. Man muß für sich leben, sich nur auf sich selbst verlassen, immer das Bündel gepackt haben und bereit sein, fortzugehen und sich nicht um viele Dinge kümmern müssen....
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